Der Koalitionspartner SPD lehnt eine Migrationsquote an Schulen ab, die Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) ins Spiel brachte. Bildungsverbände sehen große Schwierigkeiten bei einer Umsetzung solch einer Obergrenze.
Die von Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) vorgeschlagene Obergrenze für Kinder mit Migrationshintergrund in deutschen Schulklassen trifft in Berlins Regierungsviertel einem Bericht zufolge auf wenig Zustimmung. Die Sozialdemokraten im Bundestag, Koalitionspartner von Priens CDU, lehnen solch ein Modell ab. “Die Einführung von Migrationsquoten, Obergrenzen oder ähnliche Modelle finde ich grundlegend falsch”, erklärte Jasmina Holstert, Sprecherin für Bildung in der SPD-Fraktion, in der “Welt” (Samstag). “Wir müssen dafür sorgen, dass Kinder ganz unabhängig von ihrem Hintergrund Unterstützung in Schulen bekommen.” Gute Bildung und Integration gelängen durch gezielte Förderung, nicht durch Ausgrenzung. “Dafür müssen wir die Kitas und Schulen stärken und nicht Kinder nach unsinnigen Kriterien aufteilen wollen.”
Kritik kommt demnach auch aus der AfD. Martin Reichardt, bildungspolitischer Sprecher, sagte der Zeitung: “Priens Gedankengänge über Migrantenquoten an Schulen und die ethnische ,Durchmischung’ von Stadtteilen, etwa durch den Umzug von Familien aus Neukölln nach Zehlendorf, zeigen, wie offen sie staatlichen Zwangsmaßnahmen gegenübersteht, die an Praktiken sozialistischer Staaten erinnern lassen.” Dennoch betont Reichardt, dass ein zu hoher Ausländeranteil in Schulklassen zu Problemen führe.
Auch die Linkspartei weist den Vorschlag der Bildungsministerin zurück. Die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Nicole Gohlke, teilte mit: “Das Problem lässt sich nur lösen, wenn wir alle Kinder und auch Familien ausreichend fördern. Die Forderung nach einer pauschalen Obergrenze löst da gar nichts und übertüncht nur das politische Versagen”, so Gohlke. “Mit populistischen Plattitüden kommen wir nicht weiter.”
Auch Bildungsverbände sehen den Vorschlag Priens kritisch. “Das ist eine Ideal-Idee, die an sich einleuchtet. Aber die Umsetzung bringt verschiedene Probleme mit sich”, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Eine bessere Durchmischung der Klassen mit deutlich niedrigerem Migranten-Anteil biete beim Deutschlernen große Vorteile. Dies sei aber nicht einfach zu bewerkstelligen.
Der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, sagte: “Einer realen Situation mit unrealistischen Vorstellungen zu begegnen, wird niemandem helfen.” Der beste Ansatz, um mit einem hohen Migrationsanteil in Schule umzugehen, sei, “die individuelle Förderung sicherzustellen. Dies gelingt nur in angemessen kleinen Klassen, mit Unterstützung durch multiprofessionelle Teams und in einer lernförderlichen Umgebung.”
Aus dem Bundestag kommt lediglich aus ihren eigenen Reihen Rückendeckung für Prien. Das Bildungssystem stehe unter Druck, erklärte Anja Weisgerber (CSU), stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion mit Zuständigkeit für Bildung. “Die hohe Zuwanderung der letzten Jahre hat viele Schulen überlastet. In etlichen Klassen fehlt inzwischen die sprachliche Basis für erfolgreichen Unterricht – individuelle Förderung wird so unmöglich. Eine frühzeitige, verbindliche und konsequente Sprachförderung, wie sie auch im Koalitionsvertrag verankert ist, bleibt deshalb zentral”, sagt sie der “Welt”. Andere Länder mit ähnlichen Herausforderungen zeigten, dass es “Wege” gebe. “Von ihren Erfahrungen sollten wir lernen.”