Im Streit zwischen dem “Wall Street Journal” und Donald Trump wirft der kontinentale Presseverband SIP dem US-Präsidenten vor, die unabhängige Presse einzuschüchtern und kritische Berichterstattung unterbinden zu wollen.
Die Interamerikanische Pressevereinigung (SIP) wirft US-Präsident Donald Trump mit seiner Verleumdungsklage gegen das “Wall Street Journal” den Versuch verdeckter Zensur vor. Trump seinerseits wirft der Zeitung “schwerwiegende ethische und journalistische Verfehlungen” vor und fordert eine Entschädigung von mindestens 20 Milliarden Dollar.
Am Montag (Ortszeit) wurde aus dem Weißen Haus bekannt, dass die Zeitung zudem von einer bevorstehenden Schottland-Reise des Präsidenten ausgeschlossen werde. Laut Trump-Sprecherin Karoline Leavitt werde “Wall Street Journal” wegen “falschen und verleumderischen Verhaltens nicht Teil der 13 Medien an Bord sein”. Trump besucht ab Freitag für mehrere Tage Schottland.
Das “Wall Street Journal” hatte jüngst einen Beitrag über Trump und den Unternehmer Jeffrey Epstein veröffentlicht, der über viele Jahre systematisch Minderjährige missbrauchte. Er nach sich 2019 mit 66 Jahren nach offiziellen Angaben in seiner Gefängniszelle das Leben. Die Zeitung berichtete von einem angeblichen Glückwunschschreiben Trumps an Epstein zu dessen 50. Geburtstag im Jahr 2003. Es soll den Namen Trumps tragen und Zeichnungen einer nackten Frau enthalten. Trump dementiert das.
SIP-Präsident José Roberto Dutriz erklärte: “Diese Klage ist kein Einzelfall, sondern Teil einer Strategie, die unabhängige Presse einzuschüchtern und kritische Berichterstattung zu unterbinden.” Der Einsatz des staatlichen Rechtsapparates, um journalistische Stimmen zum Schweigen zu bringen, sei “ein Rückschritt für die Demokratie und schafft einen gefährlichen Präzedenzfall”.
Martha Ramos, Vorsitzende der SIP-Kommission für Presse- und Informationsfreiheit, warnte: “Wenn aus den höchsten Machtkreisen versucht wird, die Medien für die Ausübung ihrer Kontrollfunktion zu bestrafen, wird die Grundsäule jeder Demokratie untergraben: das Recht der Öffentlichkeit auf Information.” Trumps Klage sei “ein klarer Versuch verdeckter Zensur”.
Die SIP ist eine gemeinnützige Organisation, die sich nach eigenen Angaben für die Verteidigung und Förderung der Presse- und Meinungsfreiheit in ganz Amerika einsetzt. Sie umfasst mehr als 1.300 Medienunternehmen der westlichen Hemisphäre und hat ihren Sitz in Miami/Florida.
Die Nichtregierungsorganisation Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) warnte unterdessen in den USA tätige ausländische Medienmitarbeiter, dass ihre Berichterstattung Auswirkungen auf ihren Visa-Status haben könnte. Das gelte für “Berichterstattung über politisch sensible Themen, einschließlich Regierungsentscheidungen oder Fragen der nationalen Sicherheit”. Diese könnte den Verdacht der US-Behörden auf sich ziehen. “Bewerten Sie die potenziellen Risiken, bevor Sie veröffentlichen”, rät die Organisation.