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Präsident trotz historischer Wahlschlappen

Vor wenigen Jahren noch war er in Südafrika als „Aufräumer“ angetreten. Doch inzwischen ist die „Ramaphoria“, die Euphorie, mit der Staatschef Cyril Ramaphosa bei seinem Amtsantritt 2018 gefeiert wurde, abgeflaut. Dennoch wurde der 71-Jährige am Freitag vom Parlament erneut zum Präsidenten gewählt.

Der Erfolg kann nicht über die historische Wahlschlappe für Ramaphosas Partei, die frühere Befreiungsbewegung ANC (African National Congress) hinwegtäuschen. In den vergangenen Jahren hagelte es Kritik an Ramaphosa, der von vielen Menschen für den wirtschaftlichen Stillstand des Landes verantwortlich gemacht wird.

Mit einer Arbeitslosigkeit von rund 40 Prozent, regelmäßigen Stromausfällen und dem Versagen staatlicher Dienstleistungen ist die Frustration in der Bevölkerung groß. Bei der Wahl am 29. Mai verlor der ANC mit einem Anteil von 40 Prozent der Stimmen erstmals seit dem Ende des rassistischen Apartheidregimes vor mehr als 30 Jahren die absolute Mehrheit. Bei der Parlamentssitzung am Freitag sorgte dann aber ein Abkommen in letzter Minute mit der größten Oppositionspartei Democratic Alliance (DA) dafür, dass Ramaphosa mit 283 von 339 Stimmen wiedergewählt wurde. In einem historischen Zusammenschluss hatten die eigentlich rivalisierenden Parteien ihren Willen zur Zusammenarbeit bekundet. Diese plant der ANC gemeinsam mit der größten Oppositionspartei DA sowie mehreren kleineren Parteien unter dem Banner einer „Regierung der Nationalen Einheit“ (GNU).

Dabei kann die schwierige Lage in großen Teilen des Landes kaum Ramaphosa allein angelastet werden. Vor allem unter der Regierung seines Vorgängers Jacob Zuma zwischen 2009 und 2018 wurden die Staatskassen systematisch geplündert. Dennoch schaffte es der charismatische Zuma, der mit einer neu gegründeten Partei bei der Wahl antrat, bis zuletzt viele Menschen von sich zu überzeugen. Ramaphosa gelang dies nicht immer. Dem erfolgreichen Geschäftsmann und Juristen, der im Township Soweto aufwuchs, wird vorgeworfen, von der Lebensrealität der Südafrikaner abgekoppelt zu sein.

Seine ersten politischen Erfahrungen machte er wie viele ANC-Politiker im Kampf gegen das System der Apartheid. In den 1980er-Jahren führte Ramaphosa die Gewerkschaft der Minenarbeiter in einem der größten Streiks in der Geschichte Südafrikas an und erwarb sich den Ruf als zäher Verhandler. Die Arbeitskämpfe brachten auch die wirtschaftliche Grundlage des Regimes ins Wanken.

Als Freiheitsikone Nelson Mandela 1994 schließlich Südafrikas erster schwarzer Präsident wurde, schielte Ramaphosa auf den Posten als Vize. Daraus wurde jedoch nichts, woraufhin er sich dem Privatsektor zuwandte und Millionär wurde. Ramaphosa machte Geschäfte in den wichtigsten Wirtschaftsbereichen des Landes, wie dem Energiesektor oder dem Bankenwesen. 2015 galt Ramaphosa mit einem Nettovermögen von umgerechnet rund 420 Millionen Euro als einer der reichsten Männer Südafrikas.

Die Politik ließ er dennoch nie aus den Augen. 2018 schließlich übernahm er das Amt des Präsidenten. Nach den „neun verlorenen Jahren“, wie die Amtszeit von Zuma auch betitelt wird, galt Ramaphosa als Kontrast zu dessen Vorgänger: Ein Reformator und Geschäftsmann, der die Wirtschaft auf die Beine bringen würde. Viel ist von diesem Bild nicht mehr übrig geblieben.