Regierungschef Donald Tusk hatte Polen im Wahlkampf ein liberales Abtreibungsgesetz versprochen. Daraus wird vorerst nichts. Im Parlament scheiterte eine entsprechende Initiative auch am Nein des Koalitionspartners.
Polens Parlament hat mit knapper Mehrheit eine Entkriminalisierung von Abtreibungen abgelehnt. Mit 218 gegen 215 Stimmen verwarf der Sejm am Freitag einen Gesetzentwurf, wonach Abtreibungen künftig bis zur zwölften Schwangerschaftswoche nicht mehr unter Strafe stehen sollten. Zwei Abgeordnete enthielten sich.
Die seit Dezember in Polen regierende Mitte-Links-Koalition war bei dem Thema nicht einig. Die konservative PSL von Vizeregierungschef Wladyslaw Kosiniak-Kamysz stimmte fast geschlossen mit Nein. Die übrigen drei Fraktionen, die die Regierung tragen, befürworteten hingegen den Gesetzentwurf. Ministerpräsident Donald Tusk hatte im Wahlkampf ein liberales Abtreibungsgesetz versprochen.
Polen hat aktuell eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze in Europa. Schwangerschaftsabbrüche sind nur bei Gefahr für die Gesundheit der Mutter oder nach einer Vergewaltigung erlaubt. In allen anderen Fällen sieht das Gesetz bis zu drei Jahre Haft für Ärzte oder andere Personen vor, die einen solchen Eingriff vorgenommen haben. Der Schwangeren droht keine Strafe.
Staatspräsident Andrezj Duda hatte angekündigt, er werde den von Liberalen und Linken in den Sejm eingebrachten Gesetzentwurf nicht unterzeichnen und stattdessen sein Veto einlegen, wenn er im Parlament eine Mehrheit erhalte. Zur Begründung sagte Duda vor wenigen Tagen in einem TV-Interview, für ihn sei Abtreibung “das Töten von Menschen”. Auch Polens katholische Bischöfe stellten sich strikt gegen Schwangerschaftsabbrüche. Eine “Ermordung eines ungeborenen Kindes” verursache schweres Leid, schrieben sie in einem gemeinsamen Brief zum Schutz des Lebens. Jeder Mensch guten Willens solle sich dem wachsenden Druck widersetzen, die Tötung eines Kindes im Mutterleib zu legalisieren.
Laut einer aktuellen Umfrage befürwortet eine Mehrheit der Polen eine Entkriminalisierung von Abtreibungen.