Artikel teilen:

Polens Kirche als Vermittler im Streit um inhaftierte Politiker

Der Hungerstreik zweier inhaftierter Ex-Regierungsmitglieder in Polen sorgt international für Aufsehen. Nun will die Kirche versuchen, den Konflikt zu lösen. Tappt sie damit in eine Falle, wie Kritiker meinen?

Die katholische Kirche in Polen schaltet sich in den Konflikt zweier inhaftierter Politiker der rechtskonservativen Oppositionspartei PiS mit der neuen Regierung in Warschau ein. Die Bischofskonferenz teilte am Mittwochabend mit, ihr Vorsitzender Erzbischof Stanislaw Gadecki habe beiden Politikern schriftlich angeboten, sich bei Justizminister Adam Bodnar für eine “humanitäre Intervention” einzusetzen. Die wegen Amtsmissbrauch zu je zwei Jahren Haft verurteilten Männer sehen sich als politische Gefangene und sind in einen Hungerstreik getreten.

Laut der Bischofskonferenz haben sich die Ehefrauen der beiden Häftlinge – Ex-Innenminister Mariusz Kaminski und dessen einstiger Staatssekretär Maciej Wasik – an den Erzbischof gewandt. Sie baten demnach Gadecki, zwischen ihren Männern und dem Justizminister zu vermitteln. Darauf habe der Bischofskonferenz-Vorsitzende in einem Brief an Kaminski und Wasik beiden PiS-Politikern seine Hilfe zugesagt, sofern sie damit einverstanden seien. Gadecki rief nach Angaben der Kirche die Ex-Regierungsmitglieder auf, ihren Hungerstreik zu beenden, der nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihr Leben bedrohe. Zugleich habe er ihnen Verständnis dafür versichert, dass sie zu einer “solch dramatischen Form des Protests” gegriffen hätten.

Die Polizei hatte Kaminski und Wasik vergangene Woche im Präsidentenpalast in Warschau verhaftet und sie ins Gefängnis gebracht. Im Dezember hatte ein Berufungsgericht die Haftstrafen bestätigt. Staatspräsident Andrzej Duda, der der PiS nahesteht, will nun beide Politiker begnadigen und hat das hierfür notwendige Verfahren eingeleitet. Laut polnischen Medienberichten wird dieses Verfahren noch bis mindestens nächste Woche dauern. Duda teilte unterdessen am Mittwoch unter Berufung auf Kaminskis Frau mit, ein Gericht habe die Zwangsernährung des Ex-Innenministers angeordnet.

Die polnische Tageszeitung “Rzeczpospolita” kritisierte den Schritt des Vorsitzenden der Bischofskonferenz. “Das Letzte, was die Kirche in Polen heute braucht, ist, in ein politisches Spiel hineingezogen zu werden”, hieß es in einem Kommentar. Gadecki sei mit der Veröffentlichung seines Briefes an Kaminski und Wasik in eine “politische Falle” getappt.

Beide Politiker wurden zu den Haftstrafen verurteilt, weil sie 2007 als Chef und Vizechef der polnischen Antikorruptionsbehörde ihre Befugnisse überschritten hatten. Die Gerichte sahen es als erwiesen an, dass sie die illegale Überwachung von Personen und Fälschung von Dokumenten anordneten. Kaminski war von 2015 bis 2023 Minister, Wasik von 2019 bis 2023 Staatssekretär.