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Polen dringt auf Entschädigung für NS-Opfer

In der kommenden Woche reist Bundespräsident Steinmeier nach Polen, um dort unter anderem an einer Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag des Warschauer Aufstands teilzunehmen. Das Erbe der NS-Zeit wiegt weiter schwer.

Der polnische Historiker Krzysztof Ruchniewicz dringt auf eine finanzielle Entschädigung für noch lebende polnische Opfer der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. “Es ist höchste Zeit, dass man nach konkreten Lösungen strebt”, sagte der neue Beauftragte der polnischen Regierung für die polnisch-deutschen Beziehungen am Wochenende im Interview der Woche des Deutschlandfunks.

Es handele sich um betagte Männer und Frauen, aus deren Alterskohorte jedes Jahr etwa zwölf Prozent stürben, fügte Ruchniewicz hinzu. Eine konkrete Summe nannte er nicht. Es gehe hier vor allem um einen wichtigen symbolischen Akt als Teil der historischen Wiedergutmachung Deutschlands gegenüber Polen, so der Historiker von der Universität Breslau (Wroclaw).

Am 1. September 1939 hatte Deutschland Polen überfallen und damit den Zweiten Weltkrieg begonnen. Das Besatzungsregime der folgenden fünf Jahren war gekennzeichnet von Gewalt, Umsiedlungen und Völkermord. Dies hatte den Tod von mehreren Millionen Menschen zur Folge.

Am Mittwoch und Donnerstag reist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Polen um dort zum 80. Jahrestag der Opfer des Warschauer Aufstands zu gedenken. Bei der Niederschlagung des Aufstands verübten SS- und Wehrmachtseinheiten zahllose Massaker. Rund 180.000 Polen, meist Zivilisten, wurden getötet, zehntausende Menschen in Konzentrationslager verschleppt. Die deutschen Besatzer zerstörten Warschau danach fast vollständig.

Den Aspekt der Entschädigung für noch lebende Opfer der deutschen Besatzung bezeichnete der polnische Deutschland-Beauftragte als “Teil eines Pakets”, zu dem auch geplante Investitionen in die gemeinsame Sicherheit sowie der Aufbau des “Deutsch-Polnischen Hauses” in Berlin gehörten. Dieses Projekt soll die polnischen Opfer der Naziherrschaft in den Vordergrund stellen und aus Ausstellungen, einem Bildungszentrum und einem Denkmal bestehen.

Zu den von der früheren nationalkonservativen PiS-Regierung erhobenen Reparationsforderungen in Höhe von 1,3 Billionen Euro äußerte sich Ruchniewicz zurückhaltend. Rechtlich sei dieser Aspekt abgeschlossen. Damit seien jedoch keinesfalls Entschädigungsansprüche polnischer Bürger erloschen. Bei der nun angestrebten deutsch-polnischen Verständigung zu diesem Thema sei es daher wichtig, die Opfer und ihre Biographien in den Vordergrund zu stellen.