Eine gemeinsame Pilotanlage der Universität Hohenheim und von Webers Backstube verwandelt in Friedrichshafen Altbackwaren in Bioethanol. Jährlich fielen in Deutschlands rund 11.000 Bäckereibetrieben geschätzte 600.000 Tonnen Backwaren als Retouren und Reste an, teilte die Universität Hohenheim am Montag in Stuttgart mit. Viele Bäckereien versuchten, diese Reste als Tierfutter, Hackschnitzel oder in Biogasanlagen zu verwerten. „Das verträgt sich beispielsweise nicht mit den strengen Fütterungsplänen in der Schweinemast“, erklärt Hannes Weber, Geschäftsführer von Webers Backstube, bekannt als Fernsehbäcker aus dem SWR-Fernsehen. Daher seien diese Recyclingmethoden mit aufwendiger Sortierung von Hand, langen Transportwegen und zusätzlichen Kosten verbunden.
Viele Betriebe müssten ihre Altbackwaren deshalb als Abfall entsorgen, er werde in der Regel verbrannt. Allein in Webers Backstube fielen so jährlich rund 15.000 Euro Entsorgungskosten an. So kam Weber auf die Idee, aus dem Abfall Bioethanol zu machen. Er schätzt, dass aus deutschen Altbackwaren jährlich 162 Millionen Liter entstehen könnten. Anders als bei der Verwendung von Nutzpflanzen wie Mais, Weizen und Zuckerrohr für Kraftstoff konkurriere die Resteverwertung nicht mit der Produktion von Lebensmitteln.
Brot enthalte große Mengen an Stärke, sagt Daniel Einfalt von der Forschungs- und Lehrbrennerei der Universität Hohenheim. Für die Maische werde Getreide mit Wasser, Hefe und Enzymen versetzt. „Die Stärke wird von speziellen Enzymen leicht in Zuckermoleküle zerlegt, die die Hefe dann in Alkohol umwandelt.“ Doch ganz so einfach war es für die Forscher nicht: Ausgerechnet das Brot mit dem höchsten Stärkeanteil, das Weißbrot, blieb bei der Alkoholproduktion deutlich hinter Laugengebäck, Roggenbrot oder Sahne-Cremetorten zurück. Das lag am geringen Proteingehalt. Für Abhilfe sorgte der Zusatz von Gärsalzen. Trotzdem befindet sich im Destillationsrückstand, der Schlempe, immer noch viel Protein. Langfristig soll die Schlempe als Tierfutter genutzt werden.
Das Energiekonzept für die Anlage stammt vom Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven. Sie wird hauptsächlich von der Photovoltaikanlage auf dem Dach der Bäckerei mit Strom versorgt. Aus der Schlempe und aus dem Kühlwasser der Brennerei wird Wärme zurückgewonnen. Es sei schwierig gewesen, einen Anlagenbauer zu finden, sagt Weber. Müller Brennereianlagen in Oberkirch bei Offenburg übernahm das individuelle Projekt, der Maische-Behälter fasst 2.000 Liter.
Weber schätzt, dass sich solche Anlagen für mittlere Betriebe mit rund fünf Millionen Euro Umsatz im Jahr rentieren. Das Projekt werde vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert. Obwohl die Marktpreise für Bioethanol derzeit niedrig seien, sagt Einfalt, arbeite die Brotbrennerei aktuell kostendeckend. Höhere Erlöse könnte die Produktion von Spirituosen für den menschlichen Genuss erbringen. Das scheitere noch am EU-Recht. „Darin ist die Destillation von Brot und anderen Backwaren nicht vorgesehen. Aber das Gesetzgebungsverfahren läuft bereits.“ (0422/26.02.2024)