Für Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) steht Bayern bei der Zahl der Lehrkräfte „sehr ordentlich“ da. Ein Großteil des Personalbedarfs, der von den Schulen für das neue Schuljahr gemeldet wurde, sei durch rund 3.700 neu eingestellte Lehrkräfte gedeckt, sagte er am Freitag bei einer Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn in München. Den meisten neuen Lehrkräften habe man eine Volleinstellung anbieten können, also eine Verbeamtung auf Lebenszeit. Rund 4.000 Personen werden ab diesem Schuljahr zu neuen Lehrkräften ausgebildet, hinzu kommen 3.400 fertige Referendare.
Durch weggefallene Coronamaßnahmen können laut Piazolo im Schnitt 1.000 Lehrerinnen, die schwanger sind, wieder unterrichten. Außerdem seien Werbungsprogramme zum Quereinstieg sowie die Regionalprämie für Lehrkräfte aus anderen Bundesländern erfolgreich gewesen. Man stehe deshalb im Vergleich zum Schulstart im Vorjahr besser da. „Wir haben so viele Lehrkräfte wie noch nie, aber auch Aufgaben wie noch nie“, sagte Piazolo.
Insgesamt sei die Zahl der Schüler im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent gestiegen. Einen großen Teil machen geflüchtete Kinder aus der Ukraine aus. Rund 30.000 ukrainische Schülerinnen und Schüler müssten ins Schulsystem integriert werden. Die meisten der Grundschulkinder können laut Piazolo im neuen Schuljahr in Regelklassen gehen. In den weiterführenden Schulen werde es weiterhin Brückenklassen geben. Ein Drittel der Schülerinnen und Schüler habe bereits eine Schullaufbahnempfehlung erhalten.
Im neuen Schuljahr starte außerdem mit der 11. Klasse die Oberstufe des neunjährigen Gymnasiums. Schwerpunkte im Unterricht sollen Digitalisierung, berufliche Orientierung und politische Bildung sein. Außerdem soll für das Schuljahr 2024/25 eine Eins-zu-eins-Ausstattung mit Laptops oder Tablets an weiterführenden Schulen angestrebt werden, für die Eltern einen Zuschlag von 300 Euro pro Kind bekommen. Die Digitalisierung an Schulen soll weiter vorangetrieben werden.
Um das Lehramt attraktiv zu halten, würden sieben Maßnahmen umgesetzt, sagte Piazolo. So betrachte man den Unterricht bereits als Werbemöglichkeit für den Nachwuchs. Finanzielle Attraktivität und besser Rahmenbedingungen, eine aktuellere Lehramtsausbildung sowie mehr Stellen für die Verwaltung, um Lehrkräfte zu entlasten, seien weitere Punkte. Mit dem neuen Schuljahr werde das „Amtliche Schriftwesen“ für fertig ausgebildete Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen in Bayern abgeschafft, was ebenfalls zu einer Entlastung führe.
Mit Blick auf das Ende der Legislatur im Herbst sagte Piazolo: „Wir haben den Koalitionsvertrag nicht nur abgearbeitet, sondern übererfüllt.“ So seien 5.700 neue Stellen für Lehrkräfte statt der geforderten 5.000 geschaffen worden. Dafür seien die Herausforderungen mit Schulstreiks von Fridays For Future, dem Wechsel zum G9, der Pandemie und dem Ukraine-Krieg enorm und großenteils nicht vorhersehbar gewesen. „Das haben wir als Schulgemeinschaft erfolgreich bewältigt“, sagte Piazolo.
Kritik gab es von der SPD und den Grünen. Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, sprach in einer Mitteilung am Freitag von einer Bildungskrise. „Akuter Lehrkräftemangel, ausgebranntes Personal, frustrierte Kinder, Jugendliche und Eltern – das ist die Realität an unseren bayerischen Schulen“, sagte sie und forderte „echte Entlastungen für unsere Lehrkräfte“ durch „mehr Zeit für Unterricht und weniger Verwaltungskram“. Die SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag verwies in einer Mitteilung auf ihr 7-Punkte-Sofortprogramm, „um zumindest die drängendsten Baustellen im bayerischen Schulsystem anzugehen“. Dazu gehören kleinere Klassen, bessere Inklusion und ein Masterplan für Schulhaus-Sanierungen. (00/2930/08.09.2023)