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Philippi: Cannabis-Legalisierung wird “Reiz des Neuen” verstärken

Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) glaubt nicht daran, dass die Teillegalisierung von Cannabis die Verbreitung der Droge unter Kindern und Jugendlichen reduzieren wird. „Ich teile nicht die Meinung, dass mit der Freigabe von Cannabis die Vernunft einzieht“, sagte Philippi der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Sonntag). „Ich glaube eher im Gegenteil: Der Reiz des Neuen wird damit verstärkt, und eine natürliche Distanz durch Strafen fehlt einfach.“

Philippi, der selbst ausgebildeter Mediziner ist und lange als Arzt gearbeitet hat, ging damit auf Distanz zu der Position von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Er kritisierte zudem, dass die Legalisierung auch rückwirkend wirksam sein soll: „Wenn das Gesetz am 1. April in Kraft treten würde, käme es zu einer Amnestie, in der alle laufenden Verfahren eingestellt werden, teilweise von Leuten, die im Gefängnis sitzen.“ Das sei nicht zu schaffen.

„Somit müssten wir zumindest an dieser Stelle Einspruch einlegen und das Gesetz mit einer sechsmonatigen Verzögerung in Kraft treten lassen“, sagte der Landesgesundheitsminister. Etwa 16.000 Fälle in Zusammenhang mit Cannabis-Delikten müssten in Niedersachsen neu aufgerollt werden. „Das ist nicht umsetzbar und zeigt auch die Absurdität. Da entsteht ein Bürokratiemonster.“

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft kritisiert die geplante Cannabis-Legalisierung wegen der Gesundheitsgefahr für Jugendliche. Nötig sei stattdessen der Ausbau von Therapieplätzen für junge Leute, die einen Weg aus der Cannabis-Abhängigkeit suchten, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Rainer Wendt, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Wer als Jugendlicher mit dem Konsum aufhören wolle, finde aktuell kaum einen Platz, um eine Therapie zu machen: „Sie glauben gar nicht, wie viele verzweifelte junge Eltern ich gesehen habe.“ Als Alternative zur Legalisierung schlägt die Gewerkschaft vor, das bisherige Cannabis-Verbot ins Ordnungswidrigkeitenrecht zu überführen, um Kommunen die Möglichkeit zu geben, Sanktionsinstrumente „flexibel anzuwenden“.

Der Bundestag hatte Ende Februar die Teilfreigabe von Cannabis für Erwachsene beschlossen. Das Gesetz muss jedoch noch vom Bundesrat gebilligt werden. Viele Mediziner und Experten sehen die Liberalisierung kritisch. Ärztepräsident Klaus Reinhardt forderte die Bundesländer auf, das Gesetz im Bundesrat aufzuhalten und den Vermittlungsausschuss anzurufen. Der Bundesrat kann das Gesetz allerdings nur verzögern, nicht verhindern.