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Parteienstreit um Zurückweisungen an Grenzen geht weiter

Im Streit um schärfere Regeln bei Migration und Asyl rückt die Forderung aus den Unionsparteien ins Zentrum, mehr Menschen an deutschen Grenzen zurückzuweisen. Doch das ist rechtlich umstritten.

Und wieder ist die Debatte um Migration und Asyl entfacht
Und wieder ist die Debatte um Migration und Asyl entfachtImago / Daniel Kubirski

Das rechtlich umstrittene Zurückweisen von Menschen an der deutschen Grenze rückt ins Zentrum des Parteienstreits um eine Verschärfung der Migrations- und Asylpolitik. „Wir sind offen für Vorschläge, die auf dem Boden des Grundgesetzes und des EU-Rechts stehen. Alle Vorschläge zur Zurückweisung, die mir bisher bekannt sind, erfüllen diese Anforderung jedoch nicht“, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic. Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte: „Bisher ist die vorherrschende Rechtsmeinung: Zurückweisungen an der Grenze sind nicht mit geltendem EU-Recht vereinbar.“

Im Interview mit dem Nachrichtenportal t-online äußerte sie sich gleichwohl offen für die Forderung aus den Unionsparteien: „Meine Meinung ist: Wenn es rechtlich möglich sein sollte – und das muss sehr gründlich geprüft werden – dann sollten wir es tun.“ Das sei möglicherweise auch ein wichtiges Signal an die anderen EU-Länder, damit der Solidaritätsmechanismus wieder mehr greife. In der Europäischen Union (EU) ist im sogenannten Dublin-Verfahren geregelt, dass derjenige Staat für einen Geflüchteten zuständig ist, in dem dieser erstmals europäischen Boden betreten hat.

Grüne schlagen gemeinsame Grenzpatrouillen vor

Statt Zurückweisungen schlug die Grünen-Innenpolitikerin Mihalic gemeinsame Grenzpatrouillen Deutschlands mit Nachbarländern vor, um die Zahl einreisender Flüchtlinge zu begrenzen. Das könne zu weniger Zuwanderung führen und stünde auf dem Boden des Rechtsstaats, sagte sie der Düsseldorfer Rheinischen Post.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte der Bild-Zeitung zur Haltung des Koalitionspartners zu Zurückweisungen: „Die Grünen dürfen hier nicht blockieren. Wer konstruktive Lösungen bei diesem Thema blockiert, gefährdet die Sicherheit des Landes und ist letztlich nicht regierungsfähig.“

Kühnert weist Ultimatum von CDU-Chef Merz zurück

Der Rechtswissenschaftler Constantin Hruschka indes hält das Zurückweisen von Asylbewerbern an deutschen Grenzen für nicht mit dem EU-Recht vereinbar. „Die Dublin-Verordnung sieht vor, dass Asylbewerber nur in das Land überstellt werden dürfen, das für die Bearbeitung ihres Asylantrags zuständig ist“, sagte der Professor an der Evangelischen Hochschule in Freiburg dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Sie dürften nicht einfach in ein Nachbarland zurückgeschickt werden.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert erwartet nach eigenen Worten eine Einigung von Bundesregierung und Unionsparteien auf eine restriktivere Migrations- und Asylpolitik. Ein Ultimatum von CDU-Chef Merz, sich bis kommenden Dienstag zu einigen, wies Kühnert allerdings zurück. „Ich bin nicht geneigt und nicht gewillt, auf diese Forderungen oder auch Provokationen einzugehen“, sagte er in der ARD-Talksendung „maischberger“. Merz hatte Medienberichten zufolge bei einer Wahlkampfveranstaltung in Brandenburg an der Havel bis zum Dienstag insbesondere eine Entscheidung zum Zurückweisen von Asylbewerbern an der Grenze gefordert. Kühnert warf dem CDU-Chef vor, wegen der bevorstehenden Landtagswahl am 22. September in Brandenburg, ein „unrealistisches Tempo“ zu fordern.

Der SPD-Generalsekretär betonte, bisher seien die Gespräche mit der Union „ernsthaft und seriös“. Das hätten auch die Unionsvertreter, zu denen Merz nicht gehörte, bei dem Treffen am Dienstag betont. Nach dem Treffen der Bundesregierung mit Vertretern der Länder und der Unionsparteien hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die rechtliche Prüfung weiterer Maßnahmen angekündigt. Man habe sich darauf verständigt, „bestimmte Punkte, die wir vertraulich besprochen haben, rechtlich zu prüfen und dann weiter zu beraten“, erklärte sie.