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„Parquet“ heißt heute „Altarsockel“

Die Kirchengemeinde in Klein Ziethen im Barnim fühlt sich der französisch-reformierten Tradition verpflichtet, die einst ihre Vorfahren als „Réfugiés“ nach Brandenburg brachten. ­Sie ist „Dorfkirche des Monats September“.

Von Uli Schulte Döinghaus 

Als geradezu idyllisch beschreiben Besucherinnen und Besucher den kleinen Friedhof rund um die Dorfkirche von Klein Ziethen. Er sei der gepflegteste Friedhof weit und breit, fügen sie hinzu. Der Gottesacker ­gehört zwar zur Kirchengemeinde, aber bestattet wird jede und jeder aus Klein-­Ziethen. Ein üppiger Laubbaum­bestand umrahmt den Platz, dessen Zentrum die Dorfkirche bildet – ein grau verputzter Chorbau aus Feldsteinen, davor ein rund 20 Meter hoher Turm mit back­steinerner Fassade und einem Kreuz auf der Turmspitze. 

Stilistisch ein wenig aus der Zeit gefallen scheint der Turm am schlichten Chorgebäude – mittelalterlich ­inspiriert mit allerlei Fenstern und Luken. Das hat damit zu tun, dass er erst vor 140 Jahren gebaut wurde. Für kommende, energieknappe Zeiten ist er gerüstet: Unterm Turm und hinter dem Eingang ist ein beheizbarer ­kleiner Raum, der als Winterkirche genutzt werden kann.  

Die Klein Ziethener Kirche wurde im 13. Jahrhundert errichtet. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Kirche vollständig saniert, auch ihr hölzernes Gewölbe mit milder Biegung, das den eigentümlichen Namen „Flachtonne“ trägt. Der Kirchenraum ­darunter ist von klassisch „huge­nottischer Schlichtheit“ geprägt.

Sanierungsgutachten gefördert

Der Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg hat das Klein Ziethener Gotteshaus zur „Dorf­kirche des Monats September 2022“ gewählt und die Kirchengemeinde mit einer Art Anschubfinanzierung ausgestattet, um ein Sanierungs­gutachten zu finanzieren. „Ich hoffe sehr, dass wir das Gutachten in drei, vier Monaten auswerten können und dass wir in drei, vier Jahren eine gründliche Restaurierung beenden können“, sagt Pfarrerin Cornelia Müller. Besonders das Dach, das seit DDR-Zeiten von gräulichen und teils verdächtig lockeren Betonschindeln gedeckt ist, könnte Reparaturen und Auffrischung gebrauchen, sagt ­sie. 

Die Pfarrerin wird hier in französisch-reformierter Tradition „Pastorin“ genannt. Sie leitet ­zugleich den Reformierten Kirchenkreis in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Zu diesem ­Kirchenkreis zählen auch die französisch-re­formierten Kleinstgemeinden Groß ­Ziethen, Senftenhütte und Klein ­Ziethen, dem 100 Gemeinde­glieder angehören. 

Ihre Vorfahren siedelten als ­hugenottische Glaubensflüchtlinge („Réfugiés“) aus Frankreich hier an. Erst Ende des 19. Jahrhunderts ­verblasste das Französische, bis kaum mehr vom „Parquet“ ge­sprochen wurde, sondern nur noch vom „Altarsockel“. Bis heute aber drückt sich die ­französisch-reformierte Glaubensrichtung in calvinistisch zurück­haltenden ­Gottesdiensten und­­ Veranstaltungen aus und im ­bewusst schmuck­losen Kircheninneren, das von Altar und Kanzel dominiert wird.

Aktive Gemeinde, nicht nur zum „Kartoffelfest“

„Obwohl die Zahl der Gemeindeglieder überschaubar ist“, sagt Cornelia Müller, „ist der Einsatz groß. Das zeigt sich zum Beispiel in den Kirchhöfen und in den Außen­anlagen rund um die Kirchen, um die sich ­engagierte Gemeindeglieder kümmern. Es gibt eine Christenlehre, eine immer attraktivere Jugend­arbeit, Kulturveranstaltungen.“ 

Dass die Reformierten in Klein Ziethen nicht abseitsstehen, sondern mittendrin im Dorfgeschehen sind, zeigten sie erst am 5. September während des „Kartoffelfestes“, das die Dorfgemeinde jährlich rund um die „tolle Knolle“ feiert – inklusive eines Gottesdienstes in der Dorfkirche, den Pastorin Cornelia Müller leitete. 

Dorfkirche des MonatsZu Beginn jedes Monats prämiert der Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg eine „Kirche des Monats“. Wenn Sie helfen möchten: Förderkreis Alte KirchenIBAN: DE94 5206 0410 0003 9113 90BIC: GENODEF1EK1 (Evangelische Bank) Kennwort: Klein Ziethen