Lehrkräfte werden nach Ansicht des Oldenburger Didaktik-Professors Till-Sebastian Idel im Alltag nicht genügend unterstützt. „In Deutschland wird nicht so viel Wert auf die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte gelegt“, sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dabei sei dies angesichts der Herausforderungen an den Schulen dringend nötig, wie die aktuelle Pisa-Studie erneut zeige.
Zum einen schreite die Digitalisierung voran, zum anderen nehme die Diversität der Schülerinnen und Schüler zu. Aktuell liege der Fokus vor allem auf der Ausbildung der Lehrkräfte, „doch auch die Phase nach Studium und Referendariat ist wichtig“, erklärte der Professor für Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik an der Universität Oldenburg.
Idel warb zudem für mehr Coaching und Beratung. Dafür müssten Lehrkräfte mehr Zeit und entsprechende Angebote bekommen. Für die neuen Anforderungen an den Beruf sollten sie „befähigt werden“.
Idel plädierte dafür, die Pisa-Ergebnisse nicht zu dramatisieren. „Man tut so, als sei in den letzten zwanzig Jahren nichts passiert und das stimmt nicht.“ Nach dem „ersten Pisa-Schock“ von 2000 seien die Ganztagsschule aufgebaut, Maßnahmen zur Sprachförderung umgesetzt und schließlich die Inklusion eingeführt worden, nannte er Beispiele. „Auch die Lehrkräftebildung wurde reformiert und weiterentwickelt.“ Doch vieles sei nicht nachhaltig. Programme würden nach einiger Zeit auslaufen und nicht verlängert werden.
Das schlechte Abschneiden bei Pisa führt der Dozent unter anderem auch auf Schulschließungen und Distanzunterricht während der Corona-Pandemie zurück. Bestimmte Schülergruppen seien dadurch besonders benachteiligt. Dabei sei Deutschland keine Ausnahme. Hinzu käme das allgemeine Problem des Lehrermangels, das nicht nur in Deutschland existiere. „Um dem entgegenzuwirken, muss der Beruf wieder attraktiver gemacht und Quer- und Seiteneinsteiger müssen strukturierter qualifiziert werden. Auch für sie müssen die Standards der Lehrkräftebildung geltend gemacht werden“, sagte Idel.
Inwiefern jemand gut für den Lehrerberuf geeignet sei, hänge von verschiedenen Faktoren ab. Ein Interesse an pädagogischer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sei wichtig. Auch persönliche Eigenschaften wie Offenheit seien „nicht bedeutungslos“, sagte der Didaktiker. „Doch um gut zu unterrichten, ist weniger die Persönlichkeit der Lehrkräfte entscheidend.“ Vielmehr komme es auf ihre gute Aus- und Weiterbildung an.