Ein Beziehungsende ist oft schmerzhaft, muss aber kein emotionaler Kampf sein. Eine erfahrene Anwältin erklärt, wie man Kinder schützen und Streit vermeiden kann – um auch wieder nach vorn zu blicken.
Hollywood-Diva Elizabeth Taylor war acht Mal verheiratet; Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) machte mit insgesamt fünf Ehen Schlagzeilen abseits des politischen Parketts. Dementsprechend viele Trennungen haben beide Promis mitgemacht. Vergleichsweise viel, könnte man meinen. Verschwindend wenig, findet Sandra Günther. “Ich komme auf rund 400 Scheidungen pro Jahr”, erklärt die Rechtsanwältin mit einem Schmunzeln. “Im Geschäft bin ich seit knapp zwanzig Jahren. Ich sollte einmal nachzählen, wie viele Trennungen ich schon mitgemacht habe.”
Aus ihrer Erfahrung weiß die 49-Jährige, dass jede Trennung ihre eigene Dynamik hat. Allerdings hätten alle eines gemeinsam: Man kann sich intelligent trennen – oder nicht. Intelligent trennen, das heißt für die Autorin: “Entscheidend ist, ob beide es schaffen, neben der Beziehung auch Emotionales von rein rechtlichen und praktischen Fragen zu trennen.” Das gelinge in etwa 70 Prozent der Fälle, die sie betreue. “Bei dem übrigen Drittel wird es dann oft sehr ungemütlich.”
Wie es gelingen kann, die Emotionen in einer oft seelisch belastenden Situation hintenan zu stellen? Wichtig sei, sich bewusst zu machen, dass es bei einer Trennung nicht darum gehe, einen Schuldigen auszumachen. Zudem erinnere sie all ihre Mandanten daran, dass es stets ein Danach gibt: “Das Leben geht immer weiter. Und jede Trennung bietet die Chance auf einen Neuanfang”, sagt Günther. “Ich spreche aus eigener Erfahrung. Meine große Liebe ist bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen. An diesem Punkt musste ich mich selbst daran erinnern lassen.”
Eine Scheidung sei grundsätzlich kein Versagen, auch wenn es viele Betroffene – zumindest anfangs – so empfinden. “Im Gegenteil”, betont Günther. “Ich sage immer, wer sich scheiden lässt, hat es schon einmal geschafft, eine Ehe zu führen. Das ist eine beachtliche Leistung, auf die man stolz sein darf.”
In Deutschland wird fleißig geheiratet und geschieden. Das Statistische Bundesamt zählt für das vergangene Jahr rund 129.300 Scheidungen. Damit ist die Zahl im langjährigen Vergleich zwar insgesamt rückläufig, bleibt aber stabil im Verhältnis zu den ebenfalls weniger gewordenen Eheschließungen. 2024 wurden noch 349.200 Ehen geschlossen – das waren 3,3 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Die Gründe für Scheidungen sind komplex und vielfältig. Sie reichen von persönlichen, emotionalen Problemen bis hin zu sozialen und wirtschaftlichen Faktoren. Laut einer Studie des Instituts für Ehe- und Familienforschung nannten etwa 60 Prozent der befragten Paare Kommunikationsprobleme als einen der Hauptgründe für die Trennung. Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Normung fand 2019 heraus, dass 30 Prozent aller Scheidungen durch Untreue ausgelöst werden. Daneben nennen weitere Studien mangelnde emotionale Nähe, finanzielle Schwierigkeiten oder unterschiedliche Lebensziele als Hauptursachen für Trennungen.
Einen Zusammenhang zu Bildungsgrad oder sozialem Status besteht laut Expertin Günther nicht. Allerdings seien ihrer Erfahrung nach Lehrer besonders schwierig im Umgang miteinander, dicht gefolgt von Ärzten. Scheidungen im eher bildungsferneren Umfeld verliefen dagegen leichter. “Oft gibt es dann zu den drei oder vier Kindern bereits einen neuen Partner. Das macht die Scheidung vom alten Partner deutlich weniger emotional – und damit einfacher für alle Beteiligten.”
Vor zwei großen Fehler warnt die Juristin alle Paare, denen womöglich eine Scheidung bevorsteht. Das Schlimmste sei es, Kinder in Auseinandersetzungen mit hineinzuziehen. Die emotionale Last der Eltern auf die Kinder abzuwälzen, indem beispielsweise der frühere Partner schlecht gemacht werde, hinterlasse immer schwer heilende Wunden.
Zudem bemerke sie mitunter, dass viele Paare eine Trennung unnötig hinauszögerten. “Viele wollen nicht wahrhaben, dass ihre Beziehung am Ende ist”, sagt Günther. “Das ist sehr verständlich, führt aber oft nur zu mehr Schmerz. Loslassen ist sicher nicht leicht, aber manchmal das Beste, was man machen kann.”