Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und der ver.di Landesbezirk Hessen haben einen Vorstoß von CDU, SPD und FDP kritisiert, die den Betrieb sogenannter vollautomatisierter Verkaufsstellen auch an Sonn- und Feiertagen erlauben wollen. Das würde „den Schutz dieser Tage deutlich schwächen, denn auch bei automatisierten Minimärkten muss zur Überwachung per Kamera oder bei Störungen Personal eingesetzt werden“, teilte die EKHN auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) mit. Laut Jürgen Bothner, Landesbezirksleiter von ver.di Hessen, wolle die Gewerkschaft die Möglichkeit einer Klage prüfen, sollte der Gesetzentwurf zur Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes angenommen werden.
Die Regierungsfraktionen von CDU und SPD sowie die oppositionelle FDP-Fraktion hatten den gemeinsamen Entwurf vergangene Woche in den Hessischen Landtag eingebracht, er soll voraussichtlich in der Plenarsitzung am Donnerstag debattiert werden.
Darin sind für die Sonn- und Feiertagsöffnung „digitaler Kleinstsupermärkte“ Regeln vorgesehen: Die Verkaufsfläche soll maximal 120 Quadratmeter betragen dürfen, das Sortiment soll lediglich Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs beinhalten und es „darf zu keiner Zeit eine Beschäftigung zum Feilhalten und zum Verkauf erfolgen“. Das bedeute auch, dass das Sortiment sonntags nicht von Personal neu aufgefüllt werden darf. Digitale Kleinstsupermärkte sind demnach „Verkaufsstellen, die permanent und dauerhaft vollautomatisiert betrieben werden“.
Die EKHN und ver.di sind sich einig darin, dass „der Sonntag als Sonntag geschützt werden muss“, wie es Landesbezirksleiter Bothner formulierte. Er befürchte, dass die Gesetzesänderung ein Einfallstor auch für andere Branchen sein könnte: „Wenn der Sonntag zum normalen Werktag wird, verlieren Arbeitnehmer viel.“ Wenn sich die Arbeit an einem Sonntag und an einem Montag nicht unterscheide und der Sonntag als normaler Werktag gilt, „wieso sollten Unternehmen dann noch einen Sonntagszuschlag zahlen?“, fragte Bothner.
Zudem ist nach Bothners Worten ungeklärt, was beispielsweise passiert, wenn in einem digitalen Kleinstsupermarkt ein Diebstahl erkannt oder etwas beschädigt wird. Dem Argument der besseren Versorgung auf dem Land hält der Landesbezirksleiter die Vermutung von Profitinteressen entgegen.
Eine Sprecherin der EKHN betonte, dass Sonn- und Feiertage eine kulturelle und rechtliche Errungenschaft seien und „Freiräume für Bereiche des Lebens jenseits von Ökonomie und Kommerz“ schafften. Der freie Sonntag ermögliche das Nachdenken über das Leben, das Feiern der Freiheit vom Alltag und gebe somit Gelegenheit, „zu schauen, ob unser Leben tatsächlich nur Mühe und Arbeit ist oder nicht doch noch mehr zu bieten hat“.