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Oberkirchenrätin Tetz: Weg zu rassismusarmer Kirche ist Langstrecke

Rassismus innerhalb der Kirche aufzudecken und zu vermeiden ist nach den Worten der rheinischen Oberkirchenrätin Henrike Tetz eine langfristige Aufgabe. „Der Weg zu einer rassismusärmeren Kirche ist eine Langstrecke“, sagte die in der Kirchenleitung für Bildung verantwortliche Theologin am Mittwoch auf der Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland in Bonn. Ziel sei eine selbstkritische Haltung der Kirche auf der Grundlage des Glaubens, dass Gott alle Menschen frei und gleich geschaffen habe. Die Evangelische Jugend im Rheinland hatte Rassismus in der Kirche als ihr Schwerpunktthema für die Landessynode gewählt. Am Dienstagabend hatte der Migrationspädagoge Paul Mecheril von der Universität Bielefeld vor der Synode über die Auswirkungen und Hintergründe von Rassismus gesprochen.

Jugend-Vertreterin Carla Peekhaus erklärte, Auslöser der Beschäftigung mit dem Thema seien Erfahrungen aus der Jugendarbeit gewesen. So würden die Angebote der Evangelischen Jugend von Jugendlichen vielfältiger ethnischer Herkunft wahrgenommen. In den Organisationsstrukturen oder Leitungsfunktionen seien „People of Color“ jedoch nicht vertreten. 2022 habe die Evangelische Jugend im Rheinland deshalb einen Prozess mit dem Ziel einer rassismuskritischen Organisationsentwicklung gestartet, erklärte Julian Pannen von der Evangelischen Jugend im Rheinland. Zunächst seien Visionen entwickelt worden, von denen derzeit Maßnahmen abgeleitet würden. „Ziel ist eine wirklich offene Verbandsstruktur“, sagte Peekhaus.

Tetz verwies auf das Projekt „Vielfaltssensible Bildung fördern“, das auf der Bildungssynode 2023 gestartet wurde. Multiplikatorinnen und Multiplikatoren würden in diesem Rahmen für Rassismus sensibilisiert. So sei etwa untersucht worden, wie Ausschreibungen für Veranstaltungen unbewusst Machtgefälle transportierten oder auch bestimmte Gruppen nicht ansprächen. Die Entwicklung hin zu einer rassismusärmeren Kirche brauche Ausdauer, betonte Tetz. „Es gibt keine schnelle Lösung.“

Am Vorabend hatte der Migrationspädagoge Mecheril dazu aufgefordert, bei Rassismus genau hinzuschauen und darüber zu sprechen. „Nichts ist für rassistische Verhältnisse so dienlich, wie das Nicht-Thematisieren von rassistischen Verhältnissen“, sagte er. Rassismus trage dazu bei, Ungleichheit herzustellen und zu legitimieren. Rassismus töte potenziell – körperlich, aber auch rechtlich und sozial. In der Rassismuskritik gehe es nicht darum, eine Rassistin oder einen rassistischen Sprechakt eindeutig zu identifizieren, sondern darum, soziale Verhältnisse zu betrachten.

„Wir leben in Zeiten der Normalisierung rechter Positionen“, sagte der Rassismusexperte. Es sei „schon erstaunlich“, was sagbar und durchsetzbar geworden sei. Menschen würden dehumanisiert, indem sie nur auf die Umstände reduziert werden, die ihre Körper bereiteten. Das sei etwa der Fall, wenn man Flüchtlinge nur als Zahlen sehe.

Nach der Jugendsynode 2019 hatten die rheinische Kirchenleitung und die Evangelische Jugend im Rheinland überlegt, wie Themen, die junge Menschen bewegen, auf der Synode Raum finden. In jeder Legislaturperiode soll ein wissenschaftlicher Vortrag gehalten und das Thema diskutiert werden. Hierfür nahmen nun 50 junge Menschen neben den über 190 Synodalen teil.