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Oberammergauer Dramolett, vielleicht mit Happy End

Kehrtwende im oberbayerischen Oberammergau: Nach dem Zoff der vergangenen Wochen entspannt sich die Suche nach einem Spielleiter für die Passionsspiele 2030 offenbar. Der Gemeinderat hat in dieser Woche beschlossen, das Bewerbungsverfahren zu verkürzen, wie Bürgermeister Andreas Rödl (CSU) dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag bestätigte. Die Frist endet jetzt bereits am 8. September. Am 16. Oktober will der Gemeinderat über die Besetzung der Spielleitung entscheiden. Nach dem ursprünglichen Zeitplan sollte der Beschluss erst Ende Mai 2025 fallen.

Und auch um den bisherigen Spielleiter Christian Stückl, der das Amt seit 1990 innehat und das Bewerbungsverfahren als „Affront“ gegen seine Person sah, kehrt Ruhe ein. Er plant offenbar eine Doppelbewerbung mit seinem zweiten Spielleiter von 2022, Abdullah Karaca. Das Bewerbungsverfahren hatte für große Aufregung gesorgt, denn es ist ein Novum. Bislang hatte der Gemeinderat in Oberammergau den jeweiligen Spielleiter ernannt, ohne Möglichkeit zur Bewerbung für den Posten. Eine Entscheidung hinter verschlossenen Türen passe aber nicht mehr in die heutige Zeit, sagte Rödl.

Dem Gemeinderat sind aktuell drei Personen bekannt, die sich für die Spielleitung interessieren, darunter auch Volkstheater-Intendant Christian Stückl und sein damaliger zweiter Spielleiter Abdullah Karaca. Dass letzterer offenkundig Interesse an der Spielleitung 2030 gezeigt hatte – und damit an Stückls Nachfolge – war bei diesem nicht gut angekommen. Der heute 62-Jährige wollte nach vier Passionsspielen auch noch ein fünftes Mal ran. Inzwischen hätten sich beide wieder angenähert und signalisiert, dass sie eine gemeinsame Bewerbung einreichen wollten, sagte Bürgermeister Rödl.

Auch Frederik Mayet, Sprecher der Passionsspiele und des Münchner Volkstheaters, bestätigte auf epd-Anfrage eine Annäherung zwischen Stückl und Karaca. Beide hätten mehrere Gespräche geführt, eine gemeinsame Bewerbung liege aber noch nicht vor. Offenbar will Stückl aber erneut erster Spielleiter werden, Karaca zweiter. Das wäre dann dasselbe Modell wie bereits 2022, sagte Mayet. Worin genau die Differenzen zwischen Stückl und Karaca lagen, wollen oder können er und Rödl nicht sagen. Auch Stückl und Karaca schweigen darüber.

Rödl wirkt sichtlich erleichtert über die neueste Entwicklung. „Ich denke mal, dass ein Großteil der Menschen in Oberammergau das positiv aufnimmt.“ Für die Verkürzung der Bewerbungsphase hatte es auch ein Bürgerbegehren gegeben, vielen sei der Trubel im Ort um die Spielleiter-Suche zu viel geworden, sagte Rödl. Dass nun weitere mögliche Bewerber Nachteile hätten, sieht Rödl nicht. „Wir sind hier nicht bei ‘Germany’s Next Topmodel’, wo sich jeder bewirbt.“ Der Spielleiter – wie auch die Darsteller – muss aus Oberammergau kommen. Die Auswahl in einem 5.000-Einwohner Ort ist also nicht groß.

Auf Außenstehende mag das Dramolett um die Spielleiterentscheidung provinziell wirken. Gewürzt wird die Posse durch die Prominenz des bisherigen Spielleiters Christian Stückl: Er ist Intendant des renommierten Münchner Volkstheaters sowie ein bundesweit anerkannter und vielfach ausgezeichneter Theatermann. Auch Abdullah Karaca hat sich bundesweites Renommee erarbeitet. Unter Stückl war er unter anderem Regieassistent am Münchner Volkstheater und bei den Salzburger Festspielen. Christian Stückl gilt aber auch als Sturkopf. 1987 wurde er zum damals jüngsten Spielleiter der Passionsspiele ernannt und modernisierte sie, befreite sie etwa von judenfeindlichen Passagen.

Die weltbekannten, alle zehn Jahre stattfindenden Oberammergauer Passionsspiele sind ein riesiger Wirtschaftsfaktor und ein Millionengeschäft für den kleinen Ort mit rund 5.500 Einwohnern. Mehr als 400.000 Menschen aus aller Welt haben vor zwei Jahren zwischen Mai und Oktober die mehr als 100 Vorstellungen über die letzten Tage im Leben Jesu besucht. (00/2410/08.08.2024)