Mit dem vierjährigen Projekt „Menschen vor Obdachlosigkeit intelligent schützen“ („Moins“) will Rostock neue Perspektiven für die Obdachlosenhilfe schaffen. So werde Rostock ab Ende 2024 als erste Kommune in Mecklenburg-Vorpommern das „Housing First“-Konzept umsetzen, teilte die Stadtverwaltung am Donnerstag mit. Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht oder betroffen sind, bekämen eine feste eigene Wohnung, hieß es. Sie würden zudem engmaschig begleitet und von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiten, dem psychologischen Dienst und Kolleginnen und Kollegen aus dem Amt für Soziales und Teilhabe betreut.
Das Projekt wird den Angaben zufolge mit 2,5 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds unterstützt. Für die Umsetzung suche die Stadt Verstärkung im #TeamRostock. Die Bewerbungsfrist ende am 11. Oktober. Gesucht werden ein/eine Teilprojektleiter/in Housing First, ein/eine Sozialarbeiter/in Housing First und ein/eine Sachbearbeiter/in Wohnraumbeschaffung Housing First.
In Rostock leben nach aktuellen Schätzungen derzeit etwa 60 bis 80 obdachlose und knapp 300 wohnungslose Menschen. 2023 nahmen insgesamt 597 Menschen die Wohnungslosennotfallhilfe in Anspruch. Hinzu kämen Obdachlose, die Hilfsangebote ablehnen sowie die „nicht sichtbaren Obdachlosen“, die im Stadtbild untertauchen oder temporär bei Freunden und Familie wohnen, hieß es.
„Wir haben bereits gute bestehende Strukturen, starke Netzwerkpartner in der Obdachlosenhilfe und doch gelingt es uns nicht, alle Betroffenen mit unseren Angeboten aufzufangen“, sagte Rostocks Sozialsenator Steffen Bockhahn (parteilos). Die Gemeinschaftsunterbringung in Obdachlosenasylen werde in Rostock stark nachgefragt. „Die Anschlusshilfen sollen nur für eine begrenzte Zeit genutzt werden, doch die Realität ist oft eine andere. Wenn es uns innerhalb der ersten eineinhalb Jahre nicht gelingt, das Leben der Betroffenen wieder in geregelte Bahnen zu lenken, bleiben sie in der Regel viele Jahre obdachlos.“
„Housing First“ setze dort an, wo andere Hilfsangebote nicht weiter kommen, hieß es. Das Konzept verstehe Wohnen als Menschenrecht. Es sei auf Grundlage eines Prüfauftrags der Rostocker Bürgerschaft an das Amt für Soziales und Teilhabe entwickelt und in engem Austausch mit dem Bundesverband „Housing First“ und dem „Housing First“-Projekt in Berlin erarbeitet worden.
Anika Leese, Leiterin vom Amt für Soziales und Teilhabe, sagte, dass es bereits Ende dieses Jahres mit „Housing First“ losgehen soll. „Darüber hinaus bauen wir eine zentrale Fachstelle für Wohnraumerhalt auf. Hier geht es vor allem ums Netzwerken, um die Entwicklung von Standards, um Kooperationsvereinbarungen, beispielsweise mit den örtlichen Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften.“ Zusätzlich beinhalte „Moins“ zwei Digitalisierungsvorhaben: die Digitalisierung von Beratungslandschaften und den Aufbau eines Rostocker digitalen Hilfeplans. Für letzteren sollen bekannte Einzelfälle wohnungs- und obdachloser Personen analysiert und vorhandene Daten ausgewertet werden, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wann welche Leistungen und Angebote im Hilfesystem wie wirken.