Artikel teilen:

Nur Geduld!

Über den Predigttext zum 2. Sonntag im Advent: Jakobus 5, 7-8

larshallstrom - stock.adobe.com

Predigttext
7 Übt euch in Geduld, Brüder und Schwestern, bis der Herr wiederkommt! Seht, wie der Bauer auf die köstliche Frucht seines Ackers wartet: Er übt sich in Geduld – so lang bis Frühregen und Spätregen gefallen sind. 8 So sollt auch ihr euch in Geduld üben und eure Herzen stärken. Das Kommen des Herrn steht nahe bevor. Übersetzung: BasisBibel

Übt euch in Geduld! Eine Aufforderung, die gerade jetzt Hochkonjunktur hat: Geduld, bis wir uns wieder unmaskiert mit anderen treffen können. Geduld, bis ich wieder ins Konzert gehen oder Pasta bei meinem Lieblingsitaliener genießen kann. Geduld, bis es mit den Impfungen gegen das elende Virus losgeht. Geduld, bis sich wieder Normalität – und sei es eine neue Normalität – einstellt.
Sich in Geduld zu üben fällt schwer. Manchmal wird sie auf eine harte Probe gestellt. Gelegentlich reißt sogar der Geduldsfaden. Wie gerne hätte ich mehr Geduld! Geduld mit mir und meinen Fehlern. Geduld mit anderen Menschen und ihren tatsächlichen oder vermeintlichen Schwächen. Irdisch gesehen ist Geduld eine Mangelware, wertvoll und teuer.
Und wie sieht es mit Geduld aus, wenn es um Himmlisches geht? Um Gottes Reich und Jesu Christi erneutes Kommen? Der Geduldsfaden, der dafür nötig ist, muss sehr gut gewebt sein. Jakobus, der unbekannte Briefschreiber, stärkt diesen Faden. In einem Sprachbild aus der Landwirtschaft macht er Lust darauf, mit Spannung die Ewigkeit zu erwarten: Wie die Früchte des Ackers köstlich sind, so wird es einmal eine große Ernte geben. Jakobus wirbt für die Zuversicht: Jesus Christus kommt wieder. Es gibt einen zweiten Advent, seine erneute Ankunft. Er, der einst als jüdisches Kind geboren wurde, ist im Kommen. Eine gute Nachricht für alle, deren Hoffnung auf eine Zukunft bei Gott brüchig geworden oder schon erlahmt ist.
Täuscht der Eindruck, dass der Gedanke an die Ewigkeit ein Nischendasein führt? Das Irdische, Alltägliche hat das Sagen. Das himmlische Büro scheint geschlossen.
Einer Studentin in unserer Gemeinde ist das aufgefallen. „Wo bleibt Zeit für das Ewige?“, fragte sie in die Runde. Im Gespräch fanden wir heraus: Auf Jesus Christus nicht nur zurückzublicken, sondern ihm entgegenzuschauen, ist ein großes Glück. Da wartet einer auf uns, ja kommt uns entgegen. Es wächst die Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde. Dort herrscht die Liebe für immer und ewig. Jesus Christus wird die Gewalt des Bösen beenden.
Dieser Hoffnung geben Christinnen und Christen schon heute ein Gesicht: indem sie beten, Gott loben, von ihm erzählen, zusammen feiern und sich liebevoll um andere kümmern. Hoffnung drängt ins Leben hinein. Menschen erfahren Schalom, den biblisch verheißenen Frieden. Die Kirche lebt von der Hoffnung, dass Gott alles einmal vollenden wird.
Wer glaubt, bestärkt sich gegenseitig, dass diese Hoffnung nicht trügt. Sie verleiht dem Alltag Flügel. Sie macht gelassener. Und auch ein wenig geduldiger.
Dazu kommt: Geduld ist vor allem eine Eigenschaft Gottes. Seine Geduld mit den Menschen und der Welt ist noch nicht erschöpft. Ihn zeichnen Innehalten, Langmut und Hingabe aus. Sein Atem ist lang genug, um sich der von ihm geliebten Welt zuzuwenden. Mit Leidenschaft. Heute und in Zukunft. Seine Geduld kommt an kein Ende, sondern ist jeden Morgen neu.
Übt euch in Geduld! Geduldig zu sein ist kein Hochleistungssport, der Kräfte raubt. Sondern eine Haltung, um die man Gott bitten kann. Er schenkt die für den heutigen Tag erforderliche Geduld. Wer sich in der Geduld einübt, bekommt ein neues Gefühl für Wartezeiten. Es gibt viele Möglichkeiten, sie gut zu nutzen, statt sie im Bejammern zu verschwenden.
Gott weckt aber auch den langen Atem, über das Leben hinaus auf seine neue Welt zu hoffen. In ihr werden wir Jesus Christus von Angesicht zu Angesicht begegnen. Das ist keine leere Illusion, sondern Kern der christlichen Hoffnung. Die Nacht ist schon im Schwinden. Heute und in dieser Zeit, in der die Geduld auf eine große Probe gestellt wird.