Für die Kirchen ist ein letztes Mittel um unzumutbare Härten abzuwenden: das Kirchenasyl. Die Fälle haben in NRW nach Corona wieder zugenommen – und liegen bundesweit betrachtet übermäßig hoch.
Die Zahl der Kirchenasyle in Nordrhein-Westfalen ist deutlich gestiegen. Zwischen Januar und September 2023 wurden 558 Personen in Kirchenasylen gezählt, wie es in einer am Montag veröffentlichten Antwort der Landesregierung auf eine AfD-Anfrage heißt. Damit sei schon der Vorjahreswert erreicht worden. Hochgerechnet auf das ganze Jahr sei landesweit mit rund 700 Personen zu rechnen.
Der NRW-Anteil an den bundesweit 1.989 Personen im Kirchenasyl liegt mit 28 Prozent übermäßig hoch, wie es hieß. Diese Entwicklung sei schon seit dem Jahr 2019 festzustellen. Zudem berichtet das Integrationsministerium, der Einbruch der Fallzahlen in Folge der Coronamaßnahmen sei längst kompensiert. 2020 gab es den Angaben zufolge in NRW nur 175 Personen im Kirchenasyl.
Bei den beiden großen Kirchen habe es vom 1. Januar bis 31. Oktober in NRW 474 Kirchenasylfälle (mit teils mehreren Personen) gegeben, so die Landesregierung mit Bezug auf aktuellste Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). 78 Prozent fielen auf die evangelische und 22 Prozent auf die katholische Kirche.
Der AfD-Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias fragte auch, wie sich die Landesregierung den überproportional hohen Anteil bei den Kirchenasylfällen in NRW erkläre und wie sie dem begegnen wolle. Darauf antwortete sie: “Die Entscheidung über die Gewährung von Kirchenasyl treffen die Kirchen. Die Landesregierung bewertet diese Entscheidungen nicht.”
Zugleich verweist Düsseldorf auf Antworten der Bundesregierung. Demnach wird das Kirchenasyl in der Regel dazu missbraucht, Überstellungsfristen im Dublin-Verfahren abzusitzen. Nach dem Dublin-Verfahren sind Flüchtlinge in das Land zurückzuschicken, über die sie in die EU eingereist sind. Wenn die Frist abläuft, innerhalb derer sie nicht abgeschoben werden, ist Deutschland für ihren Asylantrag zuständig.
Das Kirchenasyl ist zwischen Behörden und Kirchen umstritten. Eine Handreichung der katholischen Bischöfe spricht vom Kirchenasyl als “letztem Mittel”, um in Einzelfällen “unzumutbare Härten” abzuwenden.
2015 hatten sich die Kirchen und das Bamf auf eine neue Form der Zusammenarbeit bei Fällen von Kirchenasyl geeinigt. Kirchen und Bamf benannten Ansprechpartner, um Härtefälle zu prüfen. Seit 1. August 2018 kann die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert werden, wenn die Gemeinden bestimmte Vorgaben nicht einhalten. Gemeinden müssen sich dann wesentlich länger um die Flüchtlinge kümmern.