NRW-Staatskanzleichef Nathanael Liminski (CDU) hat die Einigung der Bundesländer auf eine einheitliche Bezahlkarte für Flüchtlinge begrüßt. „Es ist ein wichtiges Zeichen für die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit des Staates auch in Migrationsfragen, dass die einheitlichen Standards für die Bezahlkarte jetzt im Zeitplan vereinbart wurden“, sagte Liminski der in Essen erscheinenden „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (WAZ, Donnerstag).
„Eine möglichst bundeseinheitliche Anwendung der Bezahlkarte erhöht die dauerhafte Akzeptanz für eine auskömmliche Flüchtlingshilfe. Für unsere Kommunen soll damit auch weniger Bürokratie in der Versorgung verbunden sein“, erklärte Liminski. Mit der Einschränkung des Bargeldtransfers ins Ausland solle zudem ein Fehlanreiz für den Aufbruch nach Deutschland eingedämmt werden.
Insgesamt 14 von 16 Bundesländern verständigten sich am Mittwoch auf ein gemeinsames Vergabeverfahren für eine Bezahlkarte für Asylsuchende. Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sollen einen Teil der Leistungen künftig als Guthaben auf dieser Karte anstelle einer Barauszahlung erhalten können. Mit der Bezahlkarte sollen auch der Verwaltungsaufwand in den Kommunen gesenkt und die Möglichkeit unterbunden werden, staatliche Gelder in Herkunftsländer zu überweisen.
Die FDP-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag will von der Landesregierung Informationen zur Einführung einer solchen Bezahlkarte für Flüchtlinge und Asylbewerber erhalten. Die Oppositionsfraktion stelle daher eine Kleine Anfrage an die Landesregierung, um Zeitplan und Ausgestaltung auf Landesebene zu erfahren, teilte Marc Lürbke, integrationspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, am Mittwoch in Düsseldorf mit. Seine Fraktion befürworte Bezahlkarten statt Bargeldauszahlungen. Doch bis vor wenigen Monaten habe das NRW-Flüchtlingsministerium noch Pläne abgelehnt, Bezahlkarten für Flüchtlinge einzuführen, kritisierte er. Der „Sinneswandel“ der schwarz-grünen Landesregierung sei erfreulich. Seine Fraktion werde aber nun „ganz genau hinschauen, wie das gemeinsame Länder-Vorhaben in NRW umgesetzt werden soll“.
Nach Einschätzung des Migrationsforschers Herbert Brücker wird die Einführung einer bundesweiten Bezahlkarte für Asylbewerber nicht dazu führen, dass Asylantragszahlen reduziert oder Rücküberweisungen in die Herkunftsländer verhindert werden. „Die Effekte, die man sich von einer Bezahlkarte für Asylbewerber erhofft, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht eintreten“, sagte der Migrationsexperte vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstag).
Es gebe so gut wie keine belastbaren Erkenntnisse dazu, dass die Höhe der Leistungen für Asylbewerber die Zahl der Asylanträge beeinflusst. Dies gelte für Barzahlungen wie für Coupon-Zahlungen, sagte Brücker. Auch das Argument der Befürworter, dass viele Asylbewerber Rücküberweisungen in ihre Herkunftsländer tätigen würden, lasse sich empirisch nicht belegen. Auch seien die überwiesenen Summen sehr gering. Wenn es doch zu Rücküberweisungen komme, sei deren Effekt „nicht per se negativ“. „Denn mit dem Geld werden in der Regel Familienangehörige unterstützt, die dadurch eher in ihren Ländern bleiben, weil sich ihre Lebensumstände verbessern.“ Die Vorstellung, dass mit deutschen Asylbewerberleistungen Schlepper finanziert würden, nannte der Forscher „schlichtweg realitätsfern“.