Die beiden Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer Gewalt in NRW verzeichnen für 2023 ein weiterhin hohes Niveau rechter Gewalttaten. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 355 rechte, rassistische, antisemitische und andere menschenfeindlich motivierte Gewalttaten registriert, wie der Verein Back-Up und die Opferberatung Rheinland am Dienstag in Dortmund und Düsseldorf mitteilten. Davon seien mindestens 452 Menschen direkt betroffenen gewesen. Im Vorjahr waren 371 rechte Gewalttaten erfasst worden, davor hatte die Zahl einige Jahre bei rund 200 gelegen.
Die Beratungsstellen berichteten zudem von einer gestiegenen Intensität der Gewalt. Neben einem registrierten Tötungsdelikt hätten die gefährlichen Körperverletzungen mit insgesamt 88 Fällen „einen traurigen Höchstwert“ seit dem Beginn des Monitorings erreicht.
Mit 60 Prozent handelte es sich den Angaben zufolge bei dem Großteil der rechten Gewalttaten um rassistisch motivierte Angriffe. Die Zahl der von den Beratungsstellen erfassten Fälle stieg demnach im vergangenen Jahr auf 214. 2022 waren es 209 Angriffe, darunter etwa 131 Körperverletzungen und fünf Brandstiftungen.
Zudem habe sich die bei den beiden Beratungsstellen erfasste Zahl der antisemitisch motivierten Gewalttaten verdoppelt – von 21 Taten im Jahr 2022 auf 40 Fälle im Jahr 2023. „Auch wenn die spezialisierten Beratungsstellen bereits seit 2019 eine kontinuierliche Steigerung innerhalb der statistischen Erfassung antisemitischer Gewalt registrieren, ist dieser Anstieg eine drastische Zuspitzung“, hieß es. Weitere 44 Angriffe richteten sich gegen politische Gegnerinnen und Gegner, darunter auch Medienschaffende und Politiker, und 28 Übergriffe gegen queere Menschen.
Zwölf Taten waren den Angaben zufolge „sozialdarwinistisch“ motiviert und richteten sich gegen wohnungslose Menschen, darunter auch ein Tötungsdelikt. So wurde in Horn-Bad Meinberg ein Mann von drei Jugendlichen angegriffen und mit Messerstichen getötet. Weitere Straftaten richteten sich gegen andere Minderheiten oder wurden aus anderen menschenfeindlichen Motiven begangen.
Fabian Reeker von der Opferberatung Rheinland forderte, Förderprogramme müssten einen langfristigen Auf- und Ausbau von spezialisierten Betroffenenberatungsstellen sichern. Angesichts einer zunehmenden „Normalisierung und Verschärfung rassistischer Diskurse“ und wachsenden Zustimmungswerten für rechte Politik bräuchten Betroffene dringend praktische Solidarität. Wichtig seien dabei konkrete politische Maßnahmen und eine konsequente Abgrenzung nach rechts, betonte er.