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Nordkirche modernisiert Amtshandlungen und mahnt DDR-Aufarbeitung an

Die Landessynode der evangelischen Nordkirche hat am Freitag in Lübeck-Travemünde einstimmig die neuen „Grundlinien kirchlichen Handelns bei Taufe und Abendmahl sowie bei Gottesdiensten anlässlich von Konfirmation, Eheschließung und Bestattung“ beschlossen. Die Synodalen befassten sich am zweiten Tag ihrer November-Tagung zudem mit der Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte. Der Greifswalder Bischof Tilman Jeremias, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Aufarbeitung der Nordkirche, forderte eine gesamtdeutsche Aufarbeitung.

Mit den „Grundlinien kirchlichen Handelns“ schafft die Landessynode ab 1. Januar 2026 ein einheitliches, verbindliches Kirchenrecht und zeitgemäße Regelungen zu kirchlichen Amtshandlungen. Der Erprobungsstatus wird beendet.

Beim Abendmahl beispielsweise wird die frühere Bevorzugung von Wein beendet. Stattdessen werden Wein und Traubensaft als gleichwertig anerkannt. Bei der Taufe können künftig nicht-evangelische Paten stärker einbezogen werden. Nimmt eine Konfirmandin oder ein Konfirmand an einer Jugendweihe teil, bestehen Bedenken gegen den Vollzug der Konfirmation nur, wenn ein Widerspruch zum christlichen Bekenntnis gegeben ist.

Insgesamt öffne sich die Nordkirche künftig stärker für moderne Gottesdienstformate, vielfältige Familienkonstellationen und mehr Flexibilität im Umgang mit Lebenswegen und Mitgliedschaftsfragen, hieß es.

In Bezug auf die Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte forderte Bischof Jeremias eine spürbare Haltungsveränderung bei den Menschen im Westen. Es brauche einen Perspektivwechsel, auch in der Kirche: „Kommt zu uns, sprecht mit den Leuten“, appellierte der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern an die Synodalen aus westdeutschen Kirchenkreisen.

Viele Menschen im Osten hätten bis heute das Gefühl, dass ihre Perspektiven, ihre Lebensleistung und ihr Alltag politisch kaum vorkommen und im Westen oft übersehen oder missachtet werden. Echtes Zusammenwachsen könne aber nur gelingen, wenn ihre Geschichten gehört, ernst genommen und in den gesamtdeutschen Diskurs einbezogen werden.

Zugleich betonte Jeremias, dass problematisches Handeln der Kirche in der DDR aufgearbeitet werden müsse. Die Arbeitsgruppe Aufarbeitung versuche auf Menschen zuzugehen, die zu DDR-Zeiten mit entsprechendem Agieren vonseiten ihrer Kirchen in Mecklenburg und Pommern konfrontiert waren. Ein am 1. Oktober vorgestelltes Papier der Arbeitsgruppe zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte in den evangelischen Kirchen enthält dazu Empfehlungen.

Pastorin Marie Anne Subklew-Jeutner, die an dem Papier mitarbeitete und sich wie Jeremias für einen Perspektivwechsel aussprach, betonte, eine öffentliche Anerkennung des Unrechts sei für Betroffene wichtig. Eine ehrliche, transparente Aufarbeitung und ein entsprechendes, öffentliches Anerkennen durch die Kirche könnten Heilung hervorbringen.

Die Landessynode ist das Kirchenparlament und damit verfasstes Leitungsgremium der Nordkirche. Ihr gehören 156 stimmberechtigte Mitglieder an. Ihre November-Tagung begann am Donnerstag und läuft bis Sonnabend.