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Neuer Übernachtungsschutz verknüpft Beratung und Gesundheitsvorsorge

Neue Räume für Obdachlose: Am Freitag hat die Münchner Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) den Neubau des Übernachtungsschutzes in der bayerischen Landeshauptstadt eröffnet. Das Angebot in Trägerschaft des Evangelischen Hilfswerks sei „ein deutschlandweit einmaliges niederschwelliges Angebot für obdachlose Menschen“, sagte Dietl laut einer Pressemitteilung vom Freitag. Der Neubau ersetzt den Angaben zufolge den alten Übernachtungsschutz in der Bayerkaserne und bietet 730 Plätze sowie eine Einrichtung zum Tagesaufenthalt.

Das Gebäude in der Lotte-Branz-Straße am Rand des Euro-Industrieparks biete Räume für Menschen mit besonderem Schutzbedarf, wie Homosexuelle oder Transpersonen. Auch Obdachlose mit Hund fänden nun Platz. Pro Zimmer seien nicht mehr zehn oder zwölf, sondern nur noch vier Betten vorgesehen. Der barrierefreie und ökologisch nachhaltige Neubau sei für eine „sehr flexible Nutzung“ angelegt: So könnten je nach Bedarf einzelne Bereiche für bestimmte Zielgruppen vergrößert oder verkleinert werden. Die Unterkunft richte sich insbesondere an obdachlose EU-Bürgerinnen und -Bürger, die keinen gesetzlichen Anspruch auf Sozialleistungen haben. In Kooperation mit dem Gesundheitsreferat biete die Einrichtung außerdem eine breite Vorsorge, von der Erstuntersuchung bei Asylanträgen bis zu Röntgen- und Impfangeboten.

Andrea Betz, Vorstandssprecherin der Diakonie München und Oberbayern, bezeichnete den Übernachtungsschutz als das soziale Auffangnetz Münchens. „Niemand muss in München auf der Straße schlafen – hier soll ein sicherer Ort sein, für Frauen, Männer und Familien“, sagte Betz. Das Team des Evangelischen Hilfswerks stamme selbst aus 35 Ländern und könne in zwölf Sprachen auf muttersprachlichem Niveau beraten. Ziel der Beratungsstelle vor Ort sei es, gemeinsam mit den Klienten eine Perspektive zu entwickeln. Dafür brauche es gerade für Menschen im Niedriglohnsektor „dauerhaft mehr bezahlbaren Wohnraum in München“, betonte die Vorstandssprecherin. Zudem hoffe man, mit dem Neubau auch jene Menschen besser zu erreichen, „die lieber auf der Straße übernachten wollen“.

Sozialreferentin Dorothee Schiwy stellte bei dem Termin auch die neue Obdachlosenstudie der Landeshauptstadt vor. Demnach leben in München rund 340 Personen auf der Straße. Über die Hälfte davon stammt aus dem EU-Ausland, fast die Hälfte ist älter als 49 Jahre und lebt schon länger auf der Straße. Zwei Drittel der Befragten gaben an, keine Übernachtungsangebote zu nutzen. Gründe dafür waren fehlende Möglichkeit zum Tagesaufenthalt, zu große Enge oder Angst vor Diebstahl. Grundsätzlich seien die Obdachlosen laut Studie aber über Hilfsmöglichkeiten informiert: Über 90 Prozent erklärten, die Angebote der Stadt zu kennen. (00/1396/03.05.2024)