Der Tod eines geliebten Menschen, das Ende einer Beziehung, der Verlust der Heimat, der Abschied von einem lang gehegten Wunsch. In solchen und ähnlichen Situationen des Lebens brauchen Menschen Trost. Ohne Trost kann niemand leben.
Musik, Spaziergänge, Reden mit Freunden
Doch was kann Menschen trösten, wenn sie in eine Krise geraten? Den einen tröstet Musik, andere das Gespräch mit einem guten Freund. Manche trösten sich mit Spaziergängen im Wald, andere mit Büchern. Etliche berichten, das Singen in einem Chor habe ihnen gut getan. Andere sagen, das Gefühl, von anderen verstanden zu werden, sei in ihrer Krise für sie sehr wichtig gewesen. Wieder andere, dass der Glaube sie getröstet habe – der Glaube an Gott, der auch dann noch da ist, wenn menschlicher Trost ausbleibt..
„Was uns trösten kann“ – zu diesem Thema hat Hans-Martin Lübking, der frühere Leiter des Pädagogischen Instituts der Evangelischen Kirche von Westfalen, ein leicht verständliches, hilfreiches Buch geschrieben. Darin berichtet er von zahlreichen Trosterfahrungen und zeigt Wege auf, wie Menschen in schwierigen Lebenszeiten neuen Lebensmut gewinnen können. Lübking, der auch Gemeindepfarrer in Gütersloh war, erzählt, was vielen Menschen, denen er begegnet ist, in Krisenzeiten Trost und neue Zuversicht geschenkt hat: Der Beistand guter Freunde, das Geborgensein in der Familie, Musik, Bücher, Natur, der Alltag, der Humor und der Glaube.
Der Autor befragte 35 Studierende, was sie mit den Wörtern „Trost“ und „trösten“ verbinden. Für die meisten von ihnen vollzieht sich Trost vor allem durch Nähe und Zuwendung anderer – im Gespräch oder auch im gemeinsamen Schweigen. „Trösten“ verbinden sie vor allem mit zuhören und Zeit haben, den anderen in den Arm nehmen, für eine angenehme Atmosphäre sorgen, gemeinsam essen gehen, für ihn oder sie einkaufen oder andere Aufgaben erledigen.
Sich selbst trösten könne man nur schwer, meinten die Studierenden unisono. Man brauche eine Freundin oder einen Freund dazu. Wenn die einem zuhören und beistehen, verändere das die Perspektive. Es würden einem die Augen geöffnet für eine andere Sicht der Dinge. Man gewinne einen neuen Blick auf die Situation und bekomme dadurch neuen Mut.
Trost kann nur in einer Beziehung entstehen
Aus den Antworten der Studierenden kann man lernen, dass „trösten“ vor allem ein gemeinschaftliches, kommunikatives Geschehen ist. Wer trösten will, muss eine Beziehung aufnehmen: muss anrufen, besuchen, einen Brief schreiben, vorbeifahren, Kontakt aufnehmen. Trost kann nur in einer Beziehung entstehen. Denn in der Tat kann man sich selbst nur schwer trösten. Man wird getröstet. Doch es müssen die richtigen Worte sein, die der Situation angemessen sind, glaubwürdige, ehrliche, sensibel gewählte Worte.
Das fällt nicht immer leicht. Zu Recht weist Lübking darauf hin, dass es auch „falschen Trost“ gibt. Trost setzt immer Einfühlungsvermögen und Verständnis voraus. Lübking meint sogar, wirklich trösten könne nur der, der die Tiefe des Schmerzes auch aus eigener Erfahrung kennt.
Aber es müssen nicht immer nur Worte sein, die trösten. Wie in der Geschichte von Hiob, den seine Freunde mit ihren Worten nicht zu trösten vermögen, kann auch das schweigende gemeinsame Aushalten des Schmerzes Trost spenden. Fulbert Steffensky etwa berichtet in einem seiner Bücher, was ihn nach dem Tod seiner Frau Dorothee Sölle getröstet hat: „Es waren Freunde und Freundinnen, die mich oft besuchten…Sie haben keine tröstenden Worte gefunden, aber sie waren da und haben sich von meinem Unglück nicht vertreiben lassen.“
Dennoch sind menschliche Trostmöglichkeiten immer nur sehr begrenzt. Deshalb widmet Lübking mehrere Kapitel dem Trost, den der Glaube schenken kann. Er ist überzeugt davon, dass es dem traurigen Menschen helfen kann, in der Bibel immer wieder Zeugnisse von Menschen zu lesen, die ihren Schmerz vor Gott bringen und durch die Gewissheit seiner Nähe am Ende doch getröstet werden. So breitet etwa der Beter des 73. Psalms all sein Leid vor Gott aus, findet schließlich aber doch zu der Gewissheit, dass er sagen kann: „Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.“
Lübking macht deutlich, dass im christlichen Glauben zum ersten Mal in der Religionsgeschichte Gott und das Leiden positiv zusammengebracht wird. Dass Gott mit dem gekreuzigten Jesus mit den Menschen leidet, sei immer als ein großer Trost empfunden worden: „Wir sind im Leben und im Tod nicht von Gott verlassen – das ist der starke Trost, den uns der Kreuzestod Jesu vermitteln kann.“
Hans-Martin Lübking: Was uns trösten kann. Texte und Erfahrungen. Gütersloher Verlagshaus, 192 Seiten, 16, 99 Euro.