Eine neue Handy-App will über die Entstehungsgeschichte der Deutschen Weinstraße in der NS-Zeit informieren. Auf einer virtuellen Karte des Projekts „Alternative Weinstraße“ seien Informationen über zahlreiche Orte in Kommunen entlang der pfälzischen Touristik-Route und deren Rolle in der Hitlerdiktatur abrufbar, sagten der Gedenkstättenbeauftragte Eberhard Dittus sowie der Friedensbeauftragte Gregor Rehm von der Evangelischen Kirche der Pfalz als Initiatoren dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Speyer.
Die App, deren Entwicklung das Medienreferat der Landeskirche unterstützte, steht im Apple-Store und bei Google Play kostenlos zum Herunterladen bereit. Zudem gibt es Accounts auf Instagram und TikTok.
Die App solle als niedrigschwelliges Angebot mit einfach lesbaren Texten, Fotos und Videos einen Einstieg in die Geschichte der Weinstraße auch in der NS-Zeit ermöglichen, sagten Dittus und Rehm. Auf einer virtuellen Streckenführung seien Orte entlang der Weinstraße verlinkt, die exemplarisch vorgestellt würden. Ziel sei es, Mediennutzerinnen und -nutzer aller Altersgruppen über die bis heute häufig verdrängte NS-Vergangenheit zu informieren und für die Gefährdung der Demokratie durch den Rechtsextremismus zu sensibilisieren.
Bereits 1995 hatte Dittus als Mitarbeiter des damaligen „Friedensdienstes“ der Pfälzer Kirche mit dem Projekt „Alternative Weinstraße“ Führungen vor allem für Jugendliche, Schulklassen und Zivildienstleistende angeboten. In der App wird etwa in Herxheim am Berg die protestantische Kirche mit ihrer umstrittenen „Hitlerglocke“ im Turm aufgeführt. In Neustadt an der Deutschen Weinstraße gibt es Informationen zur ehemaligen Gestapo-Zentrale und der Gedenkstätte für NS-Opfer. Entlang der Route ist auch ein virtueller Stopp auf dem jüdischen Friedhof Wachenheim und in der ehemaligen Synagoge in Deidesheim möglich. In Klingenmünster ist die Pfalzklinik aufgeführt, wo psychisch kranke Menschen von den Nationalsozialisten gequält und ermordet wurden.
Die Deutsche Weinstraße war vor 90 Jahren – am 19. Oktober 1935 – durch den NS-Gauleiter Josef Bürckel in Bad Dürkheim als Werbekampagne für den unter Absatzproblemen leidenden pfälzischen Weinbau gegründet worden. Winzer profitierten zudem von der Ausschaltung und Enteignung jüdischer Weinunternehmen durch die Nationalsozialisten. Die rund 80 Kilometer lange Touristik-Route führt bis heute vom Deutschen Weintor bei Schweigen-Rechtenbach an der französischen Grenze bis nach Bockenheim an der Grenze zu Rheinhessen.