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Nahezu jede dritte Geburt in Deutschland für Mutter traumatisch

Bei der Geburt im Kreißsaal erleben Frauen laut Umfragen Unangenehmes, teils Gewalt. Die Krankenhausreform sollte den Blick auf die Geburtshilfe ändern, so der Wunsch von Betroffenenvertretern.

Geburtserfahrungen sind für beinahe ein Drittel der werdenden Mütter im deutschen Gesundheitssystem teils schwer belastend. Das beklagt der Verein Mother Hood unter Berufung auf Studien und fordert mit Blick auf die anstehende Krankenhausreform einen anderen Blick auf die Bedeutung der geburtshilflichen Versorgung. “Ausgehend von 690.000 Neugeborenen im Jahr 2023 haben somit rund 200.000 Mütter die Geburt ihres Kindes als belastend oder traumatisch erlebt”, sagte der Verein auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag in Bonn.

In der Debatte um die anstehende Reform der Krankenhäuser werde die Geburt jedoch mit einer riskanten Erkrankung gleichgesetzt, die in spezialisierten Zentren stattfinden solle. Dabei werde übersehen, dass ein langer Anfahrtsweg für Gebärende und Kind ein Risiko darstelle. Aus Sicht des Vereins braucht es in der Zukunft “weniger unnötige medizinische Eingriffe und eine Stärkung der Patientenrechte der werdenden Mutter”.

Auch die Journalistin und Autorin Lena Högemann, die ihre traumatischen Geburtserlebnisse in einem jüngst erschienen Buch verarbeitet, hält das bestehende System für falsch, sieht die anstehende Reform jedoch zugleich kritisch. Die derzeitigen Fallpauschalen setzten falsche Anreize. “Je mehr man eingreift, desto mehr Geld bekommt die Klinik”, sagte Högemann im Interview der “taz” (Donnerstag).

Eine Vorhaltepauschale, wie es die Reform vorsehe, könne daran etwas ändern, räumte Högemann ein. “Das Problem bei der Krankenhausreform ist aber, dass Geburtsmediziner und Hebammen überhaupt nicht eingebunden waren”, so die Journalistin. Hier seien viele Ärzte und Hebammen durch Personalmangel in den Kliniken überfordert, teils stressbedingt abgestumpft.

Ziel müsse sein, die Geburt als natürlichen Prozess zu sehen, die Rechte und Selbstbestimmtheit der Frauen zu wahren und Gewalt im Kreißsaal nicht zu normalisieren, betonte Högemann.