SCHWERTE-VILLIGST – Der Umgang mit Fremden in evangelischen Gemeinden stand im Mittelpunkt des diesjährigen Gemeindepädagogischen Forums der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) in Haus Villigst. „Der unglaublich starke Einsatz von Gemeinden seit der sogenannten Flüchtlingskrise einerseits und anhaltender Hetze gegen Fremde andererseits hat uns motiviert, dieses Thema zu wählen“, sagte Frank Fischer, Beauftragter für die gemeindepädagogischen Berufsfelder der EKvW. Es gehe um Sichtweisen für eine unterstützende kirchliche Haltung.
Pfarrerin Birgit Worms-Nigmann und Morya Gnanko, Theologe und Studierender im Studiengang Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule in Bochum, stellten die Arbeit der Lydia-Kirchengemeinde im Dortmunder Norden vor. Die Gemeinde hat in einem Stadtteil mit 140 Nationalitäten selbst 62 Nationalitäten als Gemeindeglieder in ihrer Gemeinde integriert.
Der Schritt, in der eigenen Gemeinde nicht nur Gastgemeinden zu beherbergen, sondern selbst internationale Gemeinde zu werden, habe Mut erfordert, erzählten die beiden Referenten. Orientierung und Ermutigung erlebten sie nicht nur aus dem Evangelium, sondern auch in den Begegnungen mit Christinnen und Christen, die im Stadtteil leben und Gemeinde nun mitgestalten. Es werde längst nicht mehr in erster Linie über Gastfreundschaft gesprochen. „Bei den Teilnehmenden unserer Gemeindearbeit handelt es sich nicht um Gäste, sondern um Gemeindeglieder“, so Pfarrerin Worms-Nigmann.
„Angst beginnt im Kopf, Mut ebenso“, war eine der Thesen der zweiten Referentin, der CVJM-Bundessekretärin für Flüchtlingsarbeit und Integration Andrea Bolte. Bolte ermutigte dazu, sich sowohl mit Ängsten als auch mit Herausforderungen bei der Begegnung mit Fremden auseinanderzusetzen. Den 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Forums stellte Bolte Aufgaben wie: „In welches Land würdet ihr auf keinen Fall in Urlaub reisen wollen? Nun stellt euch vor, dieses Land wäre das Einzige auf der Welt, das euch Asyl gewährt, weil ihr aus eurer Heimat flüchten müsst.“
In den Gesprächen, die in Kleingruppen dazu geführt wurden, wurde schnell deutlich, wie sehr die eigene Kultur und Religion in der Fremde zum Heimatgefühl beiträgt. Integration bedeutet nicht, die Gewohnheiten des Herkunftslandes abzulegen, sondern das, was bisher prägend war, zu bewahren und in die neue Heimat einzubringen.
Liane Bednarz, Buchautorin und Juristin, blickte abschließend auf die rechtspopulistischen Bewegungen in Deutschland und Europa. Ihr Buch „Gefährliche Bürger, die neue Rechte rückt in die Mitte“ war Bestandteil ihres Vortrages. Sie zeigte auf, dass mit der Veröffentlichung des Buches „Deutschland schafft sich ab“ von Thilo Sarrazin die neue Rechte in die bürgerliche Mitte Einzug erhielt und dass es mittlerweile auch eine ausgesprochen christlich-kirchliche Bewegung innerhalb der neuen Rechten gibt: „Fromm und rechts, dass passt zusammen, darum muss Kirche hier wachsam bleiben“, so Bednarz.
Das Forum, wurde von dem landeskirchlichen Beauftragten Frank Fischer in Kooperation mit dem Amt für Jugendarbeit und dem Berufsverband Gemeindepädagogik als Fachtag für die Arbeit in Kirchengemeinden und Kirchenkreisen vorbereitet. UK
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Mut zum Fremden
Gemeindepädagogisches Forum ermutigt zu Engagement und Offenheit im Umgang mit Fremden und Flüchtlingen und mahnt gleichzeitig zur Wachsamkeit gegen Rechts
