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Museum Ostwall blickt auf Frauen des Expressionismus und Fluxus

Künstlerinnen seien bis heute im Ausstellungsbetrieb und in der Kunstgeschichte stark unterrepräsentiert, sagt Stefanie Weißhorn-Ponert, eine der beiden Kuratorinnen der Ausstellung im Museum Ostwall in Dortmund. So spiegele sich das Patriarchat der Gesellschaft auch in der Kunstwelt wider. Vor allem weniger bekannte Künstlerinnen würden nun vorgestellt, denn auch sie hätten die Kunstwelt geprägt.

So habe die Berliner Bildhauerin Renée Sintenis eine Vorform des Berliner Bären erschaffen. Ihre Bronzefiguren von Tieren und Sportlern sind in der Ausstellung zu sehen. „Die Bronzefigur des Bären aus dem Jahr 1932 hat Renée Sintenis später weiterentwickelt. Heute kennen wir diese Figur als Bären der Berlinale“, erklärt Weißhorn-Ponert.

Frauen sei es erst ab dem Jahr 1919 erlaubt gewesen, staatliche Kunstakademien zu besuchen, erläutert die Kuratorin für den Expressionismus-Teil der Schau. Anfang des 20. Jahrhunderts seien die Werke der Künstlerinnen von den Männern nicht so anerkannt worden, wie sie es verdient gehabt hätten. Vorläufer des Expressionismus mit der Abkehr von abbildgetreuen gegenständlichen Darstellungen hin zum Ausdruck subjektiver Regungen gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Aber erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Expressionismus eine bedeutende Kunstströmung, die vor allem von Männern geprägt wurde, wie August Macke und Paul Klee von der Künstlervereinigung „Der blaue Reiter“.

Doch auch viele Frauen schufen expressionistische Werke, wie die Ausstellung zeigt. Und das mit vielfältigen Materialien und Techniken wie Keramik, Grafik und Fotografie. Die Scherenschnittkünstlerin Lotte Reiniger zum Beispiel erschuf mit ihrem Silhouettenfilm „Die Abenteuer des Prinz Achmed“ den ersten langen Trickfilm der Filmgeschichte. Dieser wird in seiner vollen Länge von 66 Minuten in der Ausstellung gezeigt, genauso wie Skizzen und Figuren, die Reiniger für den Film fertigte.

Der zweite Teil der Ausstellung, die bis 23. März zu sehen sein wird, konzentriert sich auf eine spätere Kunstrichtung: den Fluxus, lateinisch für fließend. Entstanden in den 1960er Jahren, wollten die Vertreterinnen und Vertreter einen „fließenden“ Übergang zwischen Kunst und Leben schaffen. „Deshalb ist der Fluxus eine interdisziplinäre Bewegung und hat einen Aufführungscharakter“, sagt die zuständige Kuratorin Anna-Lena Friebe. In der Ausstellung werden deshalb vor allem Requisiten, Endprodukte oder die Dokumentationen von Performances gezeigt.

Ein Beispiel ist das „bombcello“ von Charlotte Moorman, die spärlich bekleidet auf einer zu einem Cello umgebauten US-amerikanischen Fliegerbombe spielt. Die Ausstellung zeigt das Instrument sowie Fotografien der Aktion. Laut Friebe wurde Moorman wie andere Fluxus-Künstlerinnen damals von der Kunstbewegung ausgeschlossen. So habe der selbsternannte Begründer des Fluxus, der US-amerikanische Künstler George Maciunas (1931-1978), Frauen und deren Performances oft nicht anerkannt. Deshalb seien viele Künstlerinnen in ihren Aktionen jener Zeit auf das Rollenbild der Frau eingegangen.

Ein Beispiel ist das partizipative Kunstwerk der mexikanischen Künstlerin und Aktivistin Mónica Mayer. Sie hat seit den späten 70er Jahren Frauen auf der Straße angesprochen und unter anderem gefragt, ob sie sich sicher fühlen oder ob sie schon einmal Opfer sexualisierter Gewalt waren. Die Antworten der Frauen sammelt sie auf rosa Karteikarten und hängt sie an Wäscheleinen auf, die in der Ausstellung zu sehen sind. Hier können die Ausstellungsbesucher auch selbst Teil des Kunstwerks werden und ihre Erfahrungen auf Karteikarten verewigen und aufhängen.

Auch an anderen Stellen der Ausstellung gibt es interaktive Elemente wie einen Trickfilmtisch oder ein ausstellungsbegleitendes Memory-Spiel, um nicht nur kunstbegeisterte Erwachsene, sondern auch Familien mit Kindern anzusprechen.