Eine muslimische Gemeinde, die ihren Moscheebau nicht rechtzeitig auf einem von der Kommune überlassenen Gelände fertigstellt, muss das Areal wieder hergeben. Der Bundesgerichtshof hat in einem am Freitag in Karlsruhe veröffentlichten Urteil entschieden, dass sich die Stadt Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart das per Erbbaurecht zur Verfügung gestellte Grundstück von einem Moschee-Verein zurückholen darf. Die Glaubensgemeinschaft hatte es nicht geschafft, innerhalb der vertraglich vereinbarten vier Jahre den ersten Bauabschnitt von Moschee und Kulturhaus zu vollenden. (AZ: V ZR 191/22)
Geschlossen wurde der Vertrag im November 2014 für eine Dauer von 60 Jahren, inklusive Verlängerungsmöglichkeit von 30 Jahren. Wenige Monate vor Ablauf der Vier-Jahres-Frist teilte der Verein der Stadt mit, dass der Bau nicht rechtzeitig fertig werden würde – und kaufte das Gelände. Im Dezember 2018 machte die Kommune ihren Anspruch geltend, das Areal zurückzukaufen, weil die Baufrist nicht eingehalten worden war.
Im folgenden Rechtsstreit kamen Landgericht und Oberlandesgericht zu unterschiedlichen Sichtweisen des Falls. Schließlich musste der Bundesgerichtshof entscheiden. Die Karlsruher Richter sehen das Verschulden bei der Moschee-Gemeinde, weil sie gegen den Vertrag verstoßen habe. Die Kommune verfolge mit dem Erbbaurecht gerade das Ziel, das Grundstück einer Nutzung zuzuführen, die öffentlichen Zwecken dient, heißt es in dem Urteil.
Auch eine Pflicht der Stadt zur vollen Vergütung für bereits erbrachte Bauleistungen können die Richter nicht erkennen. Andernfalls wäre die Kommune verpflichtet, kurzfristig erhebliche Haushaltsmittel bereitzustellen. Auch eine andere Verwendung des Bauwerks sei schwierig, weil eine Moschee „von vornherein nicht marktgängig sei“, so der Bundesgerichtshof. Eine Vergütung könne sich deshalb nur am Verkaufswert orientieren.