Hannover. Sie vergibt Erbbaurechte, besitzt ausgedehnte Waldflächen und betreibt über eine Tochtergesellschaft sogar eine Brauerei im Harz: Die Klosterkammer Hannover ist in Niedersachsen ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Kammer-Präsident Hans-Christian Biallas taxiert den Wert des von seiner Behörde verwalteten Stiftungsvermögens auf stolze 750 Millionen Euro, hervorgegangen aus Klöstern und Klostergütern, die in der Reformationszeit säkularisiert wurden. Am Dienstag hat die Sonderbehörde des Landes Niedersachsen mit einem Festakt in Hannover ihr 200-jähriges Bestehen gefeiert. Und Biallas ist überzeugt: "Die Klosterkammer mit ihrem im Wesentlichen unangetastet gebliebenen Vermögen gibt es heute so nur noch, weil sie in ihrer Unabhängigkeit durch die Zeiten gekommen ist."
Diese Unabhängigkeit hat Tradition: Als Herzogin Elisabeth von Calenberg-Göttingen (1510-1558), die Ahnherrin der Klosterkammer, 1542 in Südniedersachsen die Reformation einführte, verfügte sie, dass klösterlicher Besitz für kirchliche, schulische und mildtätige Zwecke eigenständig und getrennt vom Staatsvermögen verwaltet werden müsse. An diesem Grundsatz mochte auch Prinzregent Georg von Hannover (1762-1830) nicht rütteln, als er am 8. Mai 1818 die Klosterkammer zur Verwaltung des inzwischen stark gewachsenen Klostervermögens gründete.
"Quicklebendig" seit 200 Jahren
Aus Grundbesitz erwirtschaftet die Klosterkammer bis heute die Mittel zur Unterhaltung der ihr anvertrauten 20 Klöster und 43 Kirchen sowie vieler denkmalgeschützter Gebäude. "Das müssen wir selbst alles vorher verdienen", betont der gelernte Pastor Biallas. Zudem fördert die Kammer zahlreiche soziale Projekte mit jährlich rund drei Millionen Euro. Mit dieser Tradition ist die Klosterkammer laut Biallas bundesweit einzigartig. Niedersachsens Kulturminister Björn Thümler (CDU) bescheinigt der Institution, sie sei in den 200 Jahren "quicklebendig" geblieben.
Doch die Unabhängigkeit der Klosterkammer war oft bedroht. Biallas kennt aus den vergangenen 200 Jahren mindestens neun Versuche von Politikern, die Stiftungsgeschäfte von außen beeinflussen oder kontrollieren zu wollen – im Schnitt also alle 22 Jahre. "Da der Landeshaushalt stets unter Geldknappheit leidet, ist die Gefahr groß, dass von seiten der Politik versucht wird, mit Stiftungsmitteln Löcher zu stopfen."
Schon 1819 beantragte die hannoversche Ständeversammlung, dass ihr der Etat des Klosterfonds vorgelegt werden möge, jedoch letztlich ohne Erfolg, erzählt der Kammer-Präsident. 1921 wollte der "Hannoversche Provinziallandtag" erreichen, dass der Klosterkammer ein Kontrollgremium aus Politikern und Fachleuten an die Seite gestellt wird. Doch das Ansinnen kam im Staat Preußen nicht durch. 2016 habe die damalige rot-grüne Landesregierung von Niedersachsen etwas Ähnliches versucht, sagt der frühere CDU-Politiker Biallas. Doch der entsprechende Antrag an den Landtag verlief im Sande.