Eine Betroffene von sexuellem Missbrauch in der evangelischen Kirche hat die unabhängige Aufarbeitungskommission, die ihren Fall untersucht, scharf kritisiert. Die Wissenschaftler, die am Dienstag die Ergebnisse ihrer Studie vorgestellt haben, hätten sich ihr gegenüber intransparent, wenig empathisch und respektlos verhalten, sagte die unter dem Pseudonym Lisa Meyer auftretende Frau in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie wirft ihnen eine Verletzung des Datenschutzes und der Informationspflicht vor. „An dem Punkt ist die Studie krachend gescheitert.“
Lisa Meyer hatte ihren Fall im Oktober 2021 öffentlich gemacht. Sie war nach eigenen Worten in den 1970er-Jahren als Kind in der evangelischen König-Christus-Gemeinde in Oesede bei Osnabrück von einem angehenden Diakon zum Teil schwer missbraucht worden. Nach der Veröffentlichung hatten sich weitere Betroffene gemeldet.
Die Landeskirche hatte im Herbst 2022 eine unabhängige Kommission mit der Aufarbeitung des Falles beauftragt. Für die Kommission stellten am Dienstag die Hamburger Professorin für Soziale Arbeit, Christa Paul, und der ehemalige Vorsitzende Richter am Landgericht Hannover, Wolfgang Rosenbusch, die Studie bei einer Pressekonferenz vor.
In der Kritik von Meyer geht es unter anderem um den E-Mail-Austausch, den sie in den Jahren 2020 und 2021 mit dem Landeskirchenamt in Hannover und dem Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte geführt hat. Diesen hätten die Wissenschaftler, ohne sie zu fragen, vom Landeskirchenamt angefordert und ihn auch erhalten. Sie sei erst nachträglich informiert worden. Der Schriftverkehr enthalte zum Teil intime Informationen, die sie nicht freigegeben hätte, sagte Meyer. Aus ihrer Sicht verstoße ein solches Vorgehen grundsätzlich gegen den Datenschutz. „Ich bin an der Stelle übergangen worden. Das ist retraumatisierend, übergriffig und kein Umgang auf Augenhöhe.“
Ein von ihr beauftragter Anwalt habe das Forscherteam wie auch die Landeskirche aufgefordert, darzulegen, wer welche Daten übermittelt habe, sagte Meyer. Bis heute gebe es keine Antworten auf diese Fragen. Beide Stellen hätten die jeweils andere für zuständig erklärt. Das Angebot, ihr die Fragen mündlich zu beantworten, habe sie abgelehnt. „Ich habe ein Recht, zu erfahren, was mit meinen Daten passiert ist.“