Entwicklungsorganisationen haben die Einigung auf ein gemeinsames Lieferkettengesetz begrüßt und zugleich eine Abschwächung des Gesetzes und die Enthaltung Deutschlands kritisiert. Die Zustimmung der EU-Staaten sei ein Hoffnungszeichen für Menschenrechte und die Umwelt, erklärte Armin Paasch, Experte des katholischen Hilfswerks Misereor, am Freitag in Aachen. Er appellierte an die Abgeordneten des EU-Parlaments, dem Gesetz trotz „drastischer Verwässerungen“ im ursprünglichen Text rasch zuzustimmen, „damit Mensch und Natur in globalen Geschäften europäischer Unternehmen künftig besser geschützt werden“.
Das Gesetz soll dafür sorgen, dass europäische Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten sicherstellen. Der vom EU-Rat angenommene Entwurf sieht weniger strenge Regeln vor als zunächst geplant: Statt für Unternehmen ab 500 Beschäftigten mit einem globalen Jahresumsatz von mehr als 150 Millionen Euro im Jahr soll das EU-Lieferkettengesetz nur für Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten mit über 450 Millionen Euro Jahresumsatz gelten. Auch die Möglichkeit einer zivilrechtlichen Haftung wurde abgeschwächt. Weil die FDP das Gesetz nicht mittragen wolle, hatte die Bundesregierung angekündigt, sich bei der Abstimmung im Rat zu enthalten.
Paasch nannte es „beschämend, dass die Bundesregierung der Richtlinie nicht zugestimmt hat, obwohl diese gegenüber der Trilog-Einigung von Dezember 2023 massiv verwässert wurde“. Es sei zudem „hochproblematisch“, dass Unternehmen sich bei ihren Exporten nur um direkte Geschäftspartner kümmern müssten, die in ihrem Auftrag handeln.
Auch das entwicklungspolitische Südwind-Institut sieht Licht und Schatten. Das Gesetz bringe „wichtige Fortschritte für die Menschen, die in den weltweiten Lieferketten tagtäglichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind“, erklärte Geschäftsführerin Ulrike Dufner. Negativ sei aber, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die FDP-Blockade einer deutschen Zustimmung ermöglicht und damit zugelassen habe, dass das deutsche Ansehen Schaden genommen habe: „Die Bundesrepublik wird nun in Europa und darüber hinaus als nicht verlässlicher Verhandlungspartner gesehen.“
Südwind-Expertin Eva-Maria Reinwald kritisierte, die Bundesregierung habe mit ihrer zuvor angekündigten Enthaltung eine negative Kettenreaktion ausgelöst. Das Ergebnis seien „erhebliche Abschwächungen gegenüber der bereits Monate zuvor zwischen Kommission, Rat und Parlament gefundenen Einigung“ gewesen. Dennoch werde das Gesetz „dringend notwendige Impulse für die Achtung von Menschenrechten in den Lieferketten geben und Betroffenen von Menschenrechtsverstößen endlich Klagemöglichkeiten eröffnen“.