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Unter Druck Washingtons: Mexikos Präsident ruft zum Migrationsgipfel

Die Lage an der mexikanischen Grenze zur USA spitzt sich immer weiter zu. Mexikos Präsident Obrador will jetzt mit seinen lateinamerikanischen Amtskollegen die dramatische Lage diskutieren.

Der mexikanische Präsident Andres Manuel Lopez Obrador während der morgendlichen Pressekonferenz im Nationalpalast
Der mexikanische Präsident Andres Manuel Lopez Obrador während der morgendlichen Pressekonferenz im NationalpalastImago / ZUMA Wire

Überforderte Einwanderungsbehörden, tödliche Unfälle und humanitäre Krisen an den Grenzen: Für Mexiko wird es immer schwieriger, mit der zunehmenden Migration umzugehen. Unzählige Menschen reisen täglich aus Guatemala im Süden des Landes ein, Tausende sind im Norden gestrandet und hoffen darauf, in die USA zu gelangen. Sie leben in Flüchtlingscamps, leerstehenden Häusern oder auf der Straße.

Andere erreichen den Rio Bravo, der Mexiko von den USA trennt, erst gar nicht. Bei zwei schweren Unfällen starben Anfang dieses Monats 28 Migrantinnen und Migranten aus Kuba, Venezuela und Haiti.

Lateinamerikaner flüchten vor Armut und Verfolgung

Angesichts dieser Verhältnisse hat Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador für den 22. Oktober seine lateinamerikanischen Amtskollegen zu einem Gipfeltreffen eingeladen. Er will über die Eindämmung der Wanderungsbewegungen Richtung USA diskutieren. „Wir können nicht mit verschränkten Armen zuschauen, der Migrationsstrom wächst stark“, sagte López Obrador. Erwartet werden die Staatschefs vieler Länder, unter anderem Guatemala, El Salvadors, Costa Ricas, Panama, Kolumbiens und Venezuelas. Das Treffen soll in der südmexikanischen Stadt Palenque stattfinden.

In Lateinamerika machen sich zunehmend mehr Menschen auf den Weg, um vor Armut, Gewalt und Verfolgung zu flüchten. Der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge sind dieses Jahr schon 400.000 Migrantinnen und Migranten die gefährliche Route durch den Darién-Dschungel gegangen, der Kolumbien von Panama trennt. 2021 waren es 133.000. Zwei Drittel von ihnen stammen aus Venezuela. Aber auch viele Menschen aus Haiti, Kuba und südamerikanischen Staaten ziehen durch den Regenwald Richtung Norden.

Es ist der einzige Landweg aus dem Südkontinent, immer wieder sterben auf der Strecke Migranten wegen der natürlichen Gefahren und Überfällen. Die IOM-Direktorin Amy Pope ruft deshalb dazu auf, den Menschen sichere Wege zu garantieren.

Immer mehr Migranten erreichen die US-Grenze

Auf der weiteren Route schließen sich Schutzsuchende aus Mittelamerika an, sodass insgesamt 6.000 Menschen täglich an der mexikanischen Grenze ankommen. Der Weg bleibt beschwerlich: Viele von ihnen werden in Mexiko überfallen oder entführt, andere beim Versuch, auf den als „Bestie“ bekannten Güterzug Richtung Norden aufzuspringen, schwer verletzt. Dennoch erreichen immer mehr Migranten die US-Grenze.

An der Grenze zu Mexiko gibt es Grenzbefestigungen
An der Grenze zu Mexiko gibt es GrenzbefestigungenImago / ZUMA Wire

Doch ihre Hoffnung, dass die Einreise mit dem demokratischen US-Präsidenten Joe Biden einfacher würde, wurde längst enttäuscht. Zwar ließ er eine restriktive Vorgabe seines Vorgängers Donald Trump aufheben, trotzdem schieben US-Beamte massiv illegal Einreisende nach Mexiko ab. Allein im September wurden 200.000 Menschen ohne Papiere festgenommen. Im US-Bundesstaat Texas musste Biden sogar einem Vermächtnis Trumps, dem Ausbau einer Mauer, zustimmen.

Humanitäre Lage an mexikanische Grenze spitzt sich zu

Auch deshalb hat López Obrador zu dem Gipfel aufgerufen. Die humanitäre Lage auf der mexikanischen Seite spitzt sich immer weiter zu. Man wolle keine Auffanglager betreiben, in denen Einreisewillige auf die Entscheidung der US-Richter warten, sagte der Staatschef. Er schlug vor, die Lager in den Herkunftsländern zu installieren, damit die Betroffenen nicht mehr durch Mexiko reisen müssen. Die Forderung ist nachvollziehbar, erinnert aber an die umstrittenen Pläne der EU, Schutzsuchende außerhalb der EU auf ihre Asylberechtigung zu prüfen.

López Obrador will auf dem Gipfel darüber diskutieren, wie in den Herkunftsländern bessere Lebensbedingungen für die Armutsbevölkerung geschaffen werden können. Darin dürften sich die Staatschefs einig sein, allerdings führen solche Projekte bestenfalls langfristig zu Erfolgen. In erster Linie müssen sie Maßnahmen ergreifen, um sichere Reisewege zu garantieren.

Politisch entscheidend wird sein, ob die Regierungen eine gemeinsame Haltung gegenüber der restriktiven US-Einwanderungspolitik einnehmen werden. Das könnte López Obradors Verhandlungsposition stärken, wenn er wie geplant im November mit Biden über das Thema spricht. Bislang ist er gezwungen, dem Druck Washington nachzugeben und sich in der Migrationspolitik den US-Interessen unterzuordnen.