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Migrantentreck in Richtung US-Grenze – Auf den letzten Drücker

Rund 2.000 Menschen haben sich im Süden Mexikos auf den Weg in Richtung Norden gemacht. Sie wollen noch vor den US-Wahlen am 5. November die Grenze erreichen.

Auch der starke Regen konnte sie nicht aufhalten: Vor einigen Tagen startete ein neuer Treck von Migranten im Süden Mexikos. Ihr Ziel: die Grenze der USA möglichst noch vor den dortigen Wahlen am 5. November erreichen. Lokale Medien berichten, dass die Mehrheit der geschätzt rund 2.000 Menschen aus dem Krisenland Venezuela stammt. Viel Zeit haben sie nicht, um es bis zum Wahltag an einen der Grenzübergänge zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten zu schaffen. Weitere Tausende könnten ihnen folgen.

Der 18-jährige Venezolaner David Garcia sagte dem Nachrichtensender CNN, er wolle in den USA studieren, seine Familie nachholen und ihr ein besseres Leben bieten: “Die Vereinigten Staaten sind das einzige Land der Welt, in dem wir die Möglichkeit haben, einen Job zu bekommen, der uns weiterbringt”, ist Garcia überzeugt.

Migration ist eines der zentralen Themen im US-Wahlkampf. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump spricht unentwegt von einer “Invasion” und “Migrationskriminalität”. Seine demokratische Gegenspielerin und amtierende Vizepräsidentin Kamala Harris verschärfte zuletzt die Einreisebestimmungen, schloss ein Abschiebeabkommen mit Panama. Wohl um dem Thema ein wenig die Wucht zu nehmen.

Egal, wer am 5. November gewinnt, das Migrationsthema wird weiter die politischen Debatten prägen. Umfragen zeigen, dass nach dem umstrittenen jüngsten Wahlsieg von Venezuelas sozialistischem Machthaber Nicolas Maduro ein Viertel der Bevölkerung mit dem Gedanken spielt, das Land zu verlassen. Sie sehen keine Zukunft mehr in ihrer Heimat.

Zahlreiche Länder erkennen den Wahlsieg Maduros nicht an, die Opposition sieht sich als Sieger. Unabhängige Wahlbeobachter bestätigen das. Stimmen die Umfragen zu den Auswanderungsplänen, kämen zu den rund acht Millionen Menschen, die das südamerikanische Land schon verlassen haben, noch einmal rund sieben Millionen hinzu. Allein aus Venezuela.

Kürzlich wurden zudem neue Zahlen zu Kuba bekannt: Rund 215.000 Menschen aus dem Karibikstaat sind demnach in diesem Jahr in die USA geflohen. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen fünf und zehn Prozent der kubanischen Bevölkerung die Insel in den vergangenen drei Jahren verlassen haben. 2021 hatte die Regierung auf die historischen Sozialproteste mit Massenverhaftungen und drastischen Gefängnisstrafen reagiert.

In diesen Wochen kommt es für die Kubaner überdies knüppeldick: Die marode Energieinfrastruktur ist zusammengebrochen, es gibt tagelange Stromausfälle. Hinzu kommen Hurrikans, die Teile des Landes unter Wasser setzen und Unterkünfte zerstören. Kubas Präsident Miguel Diaz-Canel drohte, neuen Protesten mit harter Hand zu begegnen. Nicht auszuschließen, dass sich in dieser Gemengelage noch mehr Menschen mit dem Gedanken beschäftigten, die Flucht in Richtung USA zu wagen.

Dass nun noch einmal ein großer Migrantentreck gen Richtung Norden zieht, hat nicht zuletzt mit der Sorge zu tun, dass nach den US-Wahlen die Grenze komplett dicht sein könnte. Ein mitreisender Venezolaner sagte laut lokalen Medienberichten, es gebe Befürchtungen, dass sämtliche Möglichkeiten, Asyl in den USA zu bekommen, bis auf Weiteres abgeschafft werden könnten. Dann würden die Betroffenen in Mexiko festhängen.

Dort regiert mit Claudia Sheinbaum seit Anfang Oktober eine neue Präsidentin, deren künftige Zusammenarbeit mit den USA ganz entscheidend vom Wahlergebnis in den Vereinigten Staaten abhängt. Donald Trump rühmte sich im Wahlkampf, er habe während seiner Präsidentschaft (2017-2021) mit der Androhung von Strafzöllen den damaligen mexikanischen Präsidenten Andres Manuel Lopez Obrador zu einer strikteren Migrationspolitik zwingen können.

Mit Kamala Harris als Wahlsiegerin wären nicht nur erstmals zwei Frauen an der Spitze der USA und Mexiko. Es wären trotz unterschiedlicher Position in der Sache wohl auch andere Umgangsformen zu erwarten. Und so blicken in Lateinamerika alle gespannt auf den 5. November: die Migranten auf dem Weg in Richtung Norden, die Präsidentin Claudia Sheinbaum in Mexiko-Stadt sowie die Menschen in Venezuela und in Kuba, die auf eine Besserung ihrer Lage hoffen.