Die türkische Justiz verfolgt Nutzer einer verschlüsselten Messenger-App. Der Vorwurf: Terrorismus und Nähe zur Gülen-Bewegung. Tausende Bürger sehen sich zu Unrecht unter Verdacht; und wenden sich nun nach Straßburg.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Türkei über weitere 1.000 Beschwerden von Nutzern des Messenger-Dienstes ByLock informiert. Das teilte das Gericht in Straßburg am Montag mit. Die Bürger klagen, dass sie allein aufgrund einer angeblichen Verwendung der App für verschlüsselte Nachrichten als Mitglieder der Gülen-Bewegung und als Terrorverdächtige behandelt wurden.
Die Bewegung des in den USA lebenden islamischen Geistlichen Fethullah Gülen wird von der türkischen Regierung als terroristische Organisation eingestuft und für den Putschversuch in Ankara am 15. Juli 2016 verantwortlich gemacht. Zehntausende Personen wurden in Reaktion darauf inhaftiert oder aus dem Staatsdienst entlassen. Nach Erkenntnissen der türkischen Justiz kommunizierten die Verschwörer über ByLock. Die türkischen Behörden werten die Software daher als Zeichen für die Nähe zu umstürzlerischen Kreisen.
Von 2.000 Beschwerdefällen setzte der Menschenrechtsgerichtshof die Regierung in Ankara bereits im Dezember 2023 und im vergangenen April in Kenntnis. Insgesamt liegen dem Straßburger Gericht nach eigenen Angaben jetzt mehr als 8.000 Klagen vor. Die Betreffenden machen geltend, sie seien ohne Rechtsgrundlage verurteilt worden oder hätten kein faires Verfahren erhalten.
Die Mitteilung des Menschenrechtsgerichtshofs über vorliegende Beschwerden soll dem betreffenden Land die Möglichkeit geben, sich hierzu zu äußern.