Nach einem Rettungseinsatz haben Hilfsorganisationen auf weitere in Not geratene Boote von Geflüchteten im Mittelmeer aufmerksam gemacht. Die deutsche Organisation Organisation Resqship spricht von fünf ihr bekannten Notfällen. Zuvor hatte deren Segelschiff Nadir bei der Rettung von etwa 300 Menschen auf sechs Booten vor der italienischen Insel Lampedusa geholfen. Einsätze privater Seenotretter sind laut der evangelischen Theologin Sandra Bils zunehmend durch ausbleibende Spenden gefährdet.
Von den 300 Flüchtlingen, denen die Nadir zur Hilfe gekommen war, seien 172 an Bord der Aita Mari der spanischen Organisation Salvamento Maritimo Humanitario gebracht worden, erklärten beide Organisationen. Weitere 125 Geflüchtete wurden demnach nach mehreren Stunden von der italienischen Küstenwache übernommen.
Gefährliche Route
Das Mittelmeer gehört zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Im laufenden Jahr kamen bei der Überquerung laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bereits etwa 1.300 Menschen ums Leben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer liegt vermutlich weitaus höher. Zuletzt sorgte der Untergang eines Fischerbootes mit bis zu 750 Menschen an Bord vor der griechischen Küste für Entsetzen. Seenotretter werfen der griechischen Küstenwache und der EU-Grenzschutzagentur Frontex vor, für die Katastrophe mitverantwortlich zu sein.
Die evangelische Theologin Bils, die auch Vorstandsmitglied des Vereins United4Rescue ist, sagte, das Mittelmeer sei zu einem „Massengrab“ geworden. Es fehlten staatlich organisierte Such- und Rettungseinsätze, sagte sie dem Deutschlandfunk. Die zivilen Seenotrettungsmissionen seien „nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“. Zunehmend bereiteten ausbleibende Spenden Probleme. Eines der drei Bündnisschiffe könne derzeit wegen fehlender Finanzmittel nicht auslaufen, ein anderes sei von den italienischen Behörden festgesetzt.
Blick auf U-Boot Titan
Auch der Vorsitzende der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye, Gorden Isler, kritisierte die fehlende Hilfe für Flüchtlinge auf dem Mittelmeer. Mit Blick auf die Suche nach dem im Atlantik verschwundenen U-Boot Titan sagte Isler dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Es ist absolut richtig, dass sie mit allen Fachkräften, mit Küstenwache und Marine gesucht werden. Aber das muss in allen anderen Fällen auch getan werden.“ Für jeden einzelnen Menschen müssten alle nur erdenklichen Kräfte zur Rettung herangezogen werden, zivile und militärische – „auch im Mittelmeer“.
In der Nacht auf Mittwoch war die Besatzung der Nadir nach Angaben von Resqship von den italienischen Behörden gebeten worden, bei der Suche von drei Vermissten zu helfen. Ein Mann, eine Frau und ein Kleinkind waren demnach nach einem Schiffbruch vor der Küste von Lampedusa vermisst worden. Die Crew habe stundenlang gesucht, allerdings ohne Erfolg. Die weiteren 44 Insassen des Bootes habe die Küstenwache an Bord genommen.
Italienische Behörden in der Kritik
Die italienischen Behörden seien aufgrund ihrer späten Reaktion für den Tod von drei Menschen verantwortlich, erklärte die deutsche Rettungsorganisation Sea-Watch. Deren Aufklärungsflugzeug Seabird habe die Behörden mehrfach alarmiert, nachdem Wasser in das Boot gelaufen war.