Sexualität in Seniorenheimen, Krankenhäusern und anderen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen sollte nach Ansicht von Pflegeexpertinnen enttabuisiert werden. “Sexualität sollte als Thema genauso normal werden wie Essen und Trinken oder Bewegung”, sagte Anna-Katharina Dittmar-Grützner, Pädagogin und Mitgründerin des Steinfurter Beratungsunternehmen “Die Denkstation”, auf dem Interprofessionellen Gesundheitskongress des Springer Medizin Verlags.
Ausleben von Sexualität fördert die Gesundheit
Sich mit der eigenen Haltung zur Sexualität auseinanderzusetzen, sei deshalb absolut notwendig für Pflegepersonal, betonten Dittmar-Grützner und Co-Geschäftsführerin Marion Deiters. “Wenn ich das nicht tue, beeinflusse ich damit automatisch das Verhalten meiner Patient:innen oder Bewohner:innen”, sagte Dittmar-Grützner. Wer die Sexualität etwa kleinrede, könne dazu beitragen, dass Patienten und Bewohner ihre Sexualität nicht ausleben könnten. Dabei fördere das Ausleben die Gesundheit. Zur Sexualität gehöre mehr als der reine Geschlechtsverkehr – auch Berührungen, bestimmte Kleidung oder Gesten seien Teil davon.
Dittmar-Grützner kritisierte, dass es in manchen Einrichtungen üblich sei, den Bewohnern stets Jogginghosen anzuziehen. Dabei gebe es Menschen, die ihr Leben lang beispielsweise Wert darauf gelegt hätten, Seidenstrumpfhosen, Blusen und Röcke zu tragen. “Schminke, Schmuck und Kleidung zu ermöglichen”, sei Teil davon, Bewohner und Patienten als sexuelle Wesen anzuerkennen und zu respektieren.
Respektvoller Umgang mit Heimbewohnern wahren
Für Pflegeeinrichtungen könne darüber hinaus ein erster Schritt sein, die Privat- und Intimsphäre von Bewohnern oder Patienten anzuerkennen, “anzuklopfen und zumindest abzuwarten, bevor ich mit der Tür ins Zimmer fliege”, so Dittmar-Grützner.
Deiters betonte, dass der Mensch ein Leben lang ein sexuelles Wesen sein. “Dafür Raum zu geben, ist ein wichtiger Teil der Arbeit von Pflegenden”, erklärte die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin. Je mehr man selbst in seiner Sexualität gefestigt sei, desto besser könne man auch die einem anvertrauten Menschen als sexuelle Wesen sehen und würdigen.
