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Medienforscher: Verzicht auf Wahlempfehlungen in USA hat kaum Effekte

Der Verzicht der „Washington Post“ und der „Los Angeles Times“ auf eine Wahlempfehlung zur Präsidentschaftswahl in den USA wird nach Einschätzung des Medienforschers Klaus Kamps keine großen Effekte auf die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler haben. Die Entscheidung der Herausgeber der beiden Tageszeitungen sorge in den USA natürlich für Diskussionen, „weil es mit einer langen Tradition in Amerika bricht“, sagte der Professur der Hochschule der Medien Stuttgart am Mittwoch im „Morgenecho“ im Radiosender WDR5.

Dort fragten sich viele, „ob das kein Einknicken vor Trump ist“, weil die Empfehlung der Meinungsredaktionen, das „endorsement“, bei beiden Zeitungen vermutlich eher in Richtung der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris gegangen wäre, erläuterte Kamps. Die offizielle Begründung des Eigentümers der „Washington Post“, des Unternehmers Jeff Bezos, er wolle angesichts des Misstrauens in die Medien wieder mehr Vertrauen herstellen, sieht der Medienforscher kritisch. „Ausgerechnet bei der ‘Washington Post’, die im Meinungsteil oft sehr ausgewogen ist und auch den Konservativen in Amerika Raum und Stimme gibt, scheint das sehr weit hergeholt.“ Es sei klar, dass für den Milliardär und Amazon-Gründer Bezos auch andere Gründe eine Rolle gespielt hätten.

Die Effekte von Wahlempfehlungen der Zeitungen seien aber viel größer bei Wahlen mit weniger bekannten Kandidaten, etwa für Posten als Bezirksstaatsanwälte, sagte Kamps. „Dass das bei einer Präsidentschaftswahl einen großen Ausschlag gibt, wage ich zu bezweifeln.“ Über Donald Trump sei alles bekannt. Die wenigsten Menschen würden sich deshalb jetzt nur wegen der Neutralitätsentscheidung der beiden Zeitungen dazu entscheiden, Trump zu wählen. „Insofern ist die Diskussion nach der Entscheidung wahrscheinlich viel interessanter, was die Effekte angeht, als die Entscheidung selbst.“