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Maria und der Meister

Aus bitteren Tränen werden Freudentränen. Gedanken zum Predigttext am Ostersonntag. Von Sibylle Sterzik

Predigttext am Ostersonntag : Johannes 20,11–18Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, beugte sie sich in das Grab hinein und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo der Leichnam Jesu gelegen hatte. Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir: Wo hast du ihn hingelegt? Dann will ich ihn holen. Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister! Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott. Maria Magdalena geht und verkündigt den Jüngern: „Ich habe den Herrn gesehen“, und was er zu ihr gesagt habe.Predigttext am Ostersonntag : Johannes 20,11–18

Von Sibylle Sterzik

Jesus ist weg. Maria stehen die Tränen in den Augen. Jeden Tag zog er mit ihr und den anderen herum. Viel Glanz hatte er in ihr gewöhnliches Leben gebracht zwischen Fischfang und Brotbacken. Plötzlich galten sie etwas. Jesus behandelte sie wie Freunde, obwohl sie nur arme Leute waren, nichts auf der Kante. Auch wenn sie nicht reicher wurden, fühlten sie sich wie freie Menschen, gingen aufrecht. Die Hoffnung, alles könnte anders werden, wuchs mit jedem Wort. Er elektrisierte Menschen mit seinen Gedanken vom Himmelreich, in dem kein Arm und Reich mehr gilt. Wo alle Platz haben und Gott mit jedem lacht und scherzt und sich einfach dazu setzt an der langen Festtafel. So hatte Maria sich das oft ausgemalt. Aber jetzt saß sie hier. Alle Träume mit Jesus gestorben. Nicht mal der Leichnam blieb. War Jesus so gefährlich, dass nicht nur sein Leben ausgelöscht, sondern auch seine Gebeine weggeschafft werden mussten?Aber es kommt anders. Engel, Vorboten von Gottes gewaltigen Botschaften, sitzen dort, wo Jesus lag. Allein ihre Anwesenheit verrät, dass hier Gott am Werk ist. Er rief Jesus ins Leben zurück. Auch wenn das schwer zu glauben ist. Marias Tränen? Grundlos. Warum weinst du?, fragen sie. Tränen sind etwas sehr Irdisches. Wer dem Himmel so nah ist wie diese Lichtgestalten, kennt wohl nur Freudentränen.

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