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Maria, Massimo und Mohammed

In Deutschland werden gern traditionelle Namen für Kinder gewählt. Das gilt auch für Eltern mit ausländischen Wurzeln. Beliebt sind „Brückennamen“ wie das italienische Massimiliano. Und bei türkisch- und arabischstämmigen Eltern steht Mohammed vorn

Andy Dean - Fotolia

Sophie oder Marie, Alexander, Paul oder Maximilian: Traditionelle Namen sind beliebt in Deutschland, hat das namenkundliche Zentrum an der Leipziger Universität herausgefunden. Das Besondere: „Diese traditionellen Namen wählen auch Eltern, die aus anderen europäischen Ländern stammen“, sagt Gabriele Rodríguez, Sprachforscherin am Zentrum.
Dann allerdings kämen die regionalen Varianten zum Zug: Statt des Maximilians werde etwa das italienische Massimiliano oder polnische Maksymilian ausgesucht. „Brückennamen“ nennt Damaris Nübling, Sprach- und Namensforscherin an der Universität Mainz, diese Wort-Ähnlichkeiten.
„Eltern, die aus einem arabischen Kulturkreis kommen, entscheiden sich hingegen für andere Vornamen“, erklärt Rodríguez. Ahmed, Hasan, Salma oder Amina klängen für Deutsche oft befremdlich, seien aber in ihrem Kulturkreis auch traditionelle Namen.
Ungewohnt ist ebenso das türkische „Nur“, meist ein Mädchenname, oder „Can“, eher für Jungen. „Solche Namen können für beide Geschlechter vergeben werden“, weiß Rodríguez. Sprachforscherin Nübling erklärt: „Türkisch hat ganz andere Sprachwurzeln als beispielsweise Italienisch, das sprachlich viel dichter am Deutschen ist. Denn diese beiden Sprachen leiten sich aus dem Indogermanischen ab. ,Brückennamen‘ lassen sich deshalb bilden. Das geht im Türkischen nicht.“
Diese Unterschiede spiegelten sich auch in einer Studie wider, in der die Berliner Soziologen Jürgen Gerhards und Silke Hans bereits 2006 erforschten, welche Namen türkische sowie in Italien, Spanien und Portugal aufgewachsene Eltern ihren in Deutschland geborenen Kindern gaben. Ergebnis: Türkische Eltern wählten zu 90 Prozent einen türkischen Vornamen, drei Prozent der Kinder erhielten einen deutschen Namen. Die Südeuropäer suchten zu 40 Prozent einen „Brückennamen“ aus.
Der häufigste „zugewanderte“ Vorname ist Mohammed, stellten die Leipziger Forscher fest. „Davon gibt es aber 20 verschiedene Schreibweisen. Mehmet ist die türkische, Muhammad die arabische Form“, erklärt Rodríguez. In gläubigen Familien sei er häufig zu finden, denn: „Der Islam verlangt, dass in jeder Familie eine Person nach dem Propheten benannt wird, um so dessen Verehrung auszudrücken.“ „Hatice“ oder „Zeynep“, nach den Namen von Frauen Mohammeds, sind weibliche Beispiele.
Auch „Ali“, zurückgehend auf einen Cousin und Schwiegersohn Mohammeds, zähle zu den religiös geprägten Vornamen. „Den gibt es in Deutschland häufig“, sagt Rodríguez. Besonders beliebt sei er bei türkischstämmigen Berlinern, vor allem in Neukölln.
„Je länger Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland leben und je besser sie integriert sind und Deutsch können, umso weniger ist der ursprüngliche Kulturkreis im Namen verankert. Andere Einflüsse nehmen zu“, sagt Rodríguez. Musikstars, Fußballer oder Schauspieler dienten beispielsweise als Namensvorbilder.
Bildungsferne Schichten schätzten Promi-Namen eher als bildungsnahe: „Akademiker greifen stärker auf Namen aus dem Familienkreis zurück. Vor allem, wenn diese in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland leben, sucht man beispielsweise den Vornamen des Großvaters aus.“
Einig sind sich Rodríguez und Nübling, dass eines bei der Wahl des Babynamens bei allen Nationalitäten wichtig ist: ein schöner Klang. Türkische Eltern achteten zudem sehr auf die Wortbedeutung. Und bestimmt haben nicht nur diese Eltern gern einen Engel (Melek, weiblich) oder einen Freund (Emre, männlich) an ihrer Seite.