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Maarten ‘t Hart wird 80 – und trifft weiterhin einen Nerv

Malerische Landschaften und Musik, Glaubensstrenge und das Streben nach Freiheit: Das Werk von Maarten ‘t Hart lebt von Kontrasten. Nicht nur in den Niederlanden gehört er zu den beliebtesten zeitgenössischen Romanciers.

John Milton, Rembrandt, John Updike – so unterschiedliche Künstler entdeckten den Calvinismus bereits als Quelle der Inspiration. In der zeitgenössischen Literatur ist die rigide Spielart des Protestantismus besonders mit einem Namen verknüpft: Maarten ‘t Hart. Der Sohn eines Totengräbers wuchs in einer von strengem Calvinismus geprägten Umgebung auf, und diese Kindheitserfahrungen durchziehen sein Werk wie ein roter Faden. Der Deutschlandfunk adelte ihn als “Weltliteraten”, seine Erzählungen als “akustische Novellen über existenzielle Situationen”. Am Montag wird der Niederländer 80 Jahre alt.

Schon als Kind im südholländischen Maassluis in der Nähe von Rotterdam faszinierten ihn Bücher. Bevor t’Hart jedoch als Schriftsteller debütierte, studierte er Biologie. Von 1970 bis 1987 arbeitete er als Dozent für Verhaltensbiologie, verfasste seine Doktorarbeit über das Verhalten von Ratten. Parallel dazu veröffentlichte er ab 1971 Romane, Jugenderinnerungen und Essays. 1987 ließ er sich, inzwischen europaweit zu großer Bekanntheit gelangt, im kleinen Ort Warmond nieder.

Auch als Musikkritiker machte er sich einen Namen, und die Liebe zur klassischen Musik bildet ein häufiges Motiv in seinen Romanen. Dabei stellt ‘t Hart seine Kenntnisse nie aufdringlich zur Schau. Es wirkt organisch, wenn seine Figuren in düsteren Stunden Trost in der Musik suchen oder sich von Motetten und Chorälen ergreifen lassen.

Manchmal fließen große Namen auch auf humoristische Weise in die Handlung ein – etwa, wenn die Hauptfigur des historischen Romans “Der Psalmenstreit” (2006) rätselt, wer denn dieser begabte kleine Junge mit dem merkwürdigen Namen “Moot Sart” sein möge. In der Musik, sagte der Autor einmal, lebe er sein Bedürfnis nach Metaphysik aus.

Obwohl ‘t Hart sich als “ganz und gar nicht religiös” bezeichnet, ist der Calvinismus ein wiederkehrendes Thema seines literarischen Werks. Die Erfahrungen von Enge und Strenge seiner Kindertage tauchen immer wieder auf, ebenso das Gefühl des Verlassenseins und der Druck, den verborgene Neigungen auslösen können. Etwa in dem autobiografischen Roman “Gott fährt Fahrrad” (1979) setzt sich der Autor mit Erfahrungen des Todes und der eigenen Sterblichkeit auseinander. Obwohl der Ich-Erzähler die Risse beschreibt, die sein Kinderglaube nach und nach bekommen hat, wirkt die Erzählung nie verbittert.

Er habe keine Angst vor dem Tod, sagte der Autor einmal dem Deutschlandfunk, und: “Ich finde es viel besser, dass es auch ein Ende gibt.” Wenn man ewig leben müsste, würde “eine schreckliche Langeweile” herrschen. In seinem Büchern stehen stets das Verhalten einzelner Menschen, ihre persönlichen Beweggründe und sozialen Nöte im Mittelpunkt. Das Lesepublikum hat das Gefühl, dass der Erzähler zwar meist nicht direkt beteiligt, aber doch mit dem Herzen dabei ist.

Viele Preise und Auszeichnungen belegen, dass t’Hart einer der beliebtesten Schriftsteller der Niederlande ist. 2003 wurde er zum “Ritter des Ordens vom Niederländischen Löwen” ernannt; die Bibliothek von Maassluis hat 2009 ein Dokumentationszentrum über den bekanntesten Sohn der Stadt eingerichtet. 2014 erhielt er das “Diamantene Buch” für eine Million verkaufte Exemplare seines Romans “Ein Schwarm Regenbrachvögel”. Zuletzt erschien 2021 “Der Nachtstimmer”.

Seine Romane wurden in viele Sprachen übersetzt, etwa ins Deutsche, Englische und Schwedische; auch seine Essays stoßen immer wieder auf großes Interesse. Was Interviews und öffentliche Auftritte angeht, tun sich andere Bestseller-Autoren stärker hervor. In seiner Heimat gilt ‘t Hart als Einzelgänger. An mangelndem Selbstbewusstsein scheint das allerdings nicht zu liegen. In einem Interview des “Spiegel” von 1997 sagte er einmal: “Ich glaube, dass ich im Moment von allen holländischen Autoren der beste Erzähler bin.”