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Luther im Kaffee

In Baden-Württemberg geht das Reformationsjubiläum durch den Magen: Röstmischungen werben mit dem Reformator. Die mildere Kaffeesorte ist Katharina von Bora gewidmet

„Markant, kräftig, vollmundig“: Mit diesen Worten lässt sich nicht nur Kaffee charakterisieren, sondern auch Martin Luther. Zwar waren Kaffeebohnen zu Zeiten des Reformators (1483-1546) in Deutschland noch unbekannt. Doch dass dem Lieblingsgetränk der Deutschen zum Reformationsjubiläum 2017 ein besonderer Stellenwert zukommt, scheint zumindest in Baden-Württemberg unstrittig. So wurden im Ländle unabhängig voneinander gleich zwei Luther-Kaffees kreiert: einer im Auftrag der badischen evangelischen Landeskirche, der andere von einem Kaffeeröster in der württembergischen evangelischen Gemeinde Mössingen.

Luther-Kaffee: stark, würzig und erdig

Dort hat der Kaffeeröster und Kirchengemeinderat Florian Kühnberger eine Martin-Luther-Kaffeemischung erfunden, die die Charaktereigenschaften des Reformators widerspiegeln soll. Herausgekommen ist ein Kaffee, stark, würzig, erdig. Es sei ein Kaffee, „der den Charakter des Kirchenerneuerers eindrucksvoll zum Ausdruck bringt“, sagt Kühnberger.
Der Kaffee, der selbst trainierte Kaffeetrinker umhaue, sei „perfekt für Espresso“, ist der Kaffeeröster überzeugt. „Die einen lieben ihn, die anderen lehnen ihn ab – wie bei Martin Luther.“ Rund eine Woche lang mischte er immer wieder Arabica- und Robusta-Sorten in unterschiedlichen Anteilen.
Fachlichen Rat holte er sich vom Pfarrerehepaar Frauke Dietz und Uwe Braun-Dietz von der Mössinger Martin Luther-Kirche. Braun-Dietz beschreibt Luther als jemanden, der kein „runder, harmonischer Typ“ gewesen sei, sondern der polarisiert habe „wie der Kaffee“. Der Reformator sei wortgewaltig gewesen, im Kaffee wird dies mit vollmundig übersetzt. Luther sei eine markante Person gewesen, von kräftiger Statur. Er habe auch einen starken Eindruck hinterlassen. Diese Eigenschaften spiegelten sich im Geschmacks­profil wider, erläutert der Luther- und Espresso-Fan, in dessen Gemeinde selbstverständlich der Luther-Kaffee angeboten wird.
Weil so ein kräftiger Kaffee nicht allen schmeckt, hat Kühnberger auch einen Kaffee nach Luthers Ehefrau Katharina von Bora (1499-1552) benannt. Dieser sei „besser verträglich“ und für viele Gelegenheiten geeignet. Die Mischung aus südamerikanischen und äthiopischen Arabica-Sorten bildeten ein Geschmacksbild aus „Würze, Frucht und Fülle“.

Auf das Jubiläum aufmerksam machen

Unter dem Motto „Gemeinsam verändern wir die Welt“ bietet die badische Landeskirche zum Reformationsjubiläum ebenfalls einen Luther-Kaffee an. „Wenn wir das Volksgetränk mit Luther-Logo anbieten, wollen wir auf die Reformation aufmerksam machen“, erläutert Wolfgang Brjanzew, landeskirchlicher Beauftragter für die Reformationsdekade.
Das ursprünglich aus Äthiopien stammende Getränk sei in Europa noch unbekannt gewesen, als Luther im Oktober 1517 seine 95 Thesen veröffentlichte. Aber ein „wackerer Protestant“ aus Augsburg habe Ende des 16. Jahrhunderts als eine Art „Botschafter des Kaffees“ in Europa fungiert, sagt Brjanzew. Als erster Europäer habe der Arzt, Botaniker und Entdeckungsreisende Leonhard Rauwolf (1535-1596) das Getränk 1582 in seinem Buch „Aigentliche Beschreibung der Raiß inn die Morgenländer“ beschrieben, den Genuss und die positive Wirkung des Kaffees erläutert und ihn als besonders gut für den Magen bezeichnet.
Mit dem badischen „Luther Kaffee“, einer Bio-Mischung von nicaraguanischen und äthiopischen Arabica-Bohnen aus fairem Handel, werden soziale Projekte der Landeskirche unterstützt.
Das Motto Kühnbergers lautet „Reformier deinen Kaffeegeschmack“. Weitere Reformationsmischungen plant er derzeit allerdings nicht – auch wenn auf seiner Ideenliste ein Ablasshandel-Kaffee mit feuriger Chili-Note oder ein magenfreundlicher Philipp-Melanchthon-Kaffee steht.