Sie ist eine Frau mit Humor und Ironie, die alles Wichtige ernst nimmt und keine faulen Harmoniekompromisse macht: Maren Kroymann schickt ihr Publikum um die Ecken des Denkens. Tübingen, wo sie mit ihren Eltern (Altphilologen) und vier Brüdern aufwuchs und studierte, muss abgefärbt haben – freilich nicht der graue Staub des Altehrwürdigen, sondern das Motto der Universität: „Attempto!“ (Ich wag’s!). Am 19. Juli wird sie 75 Jahre alt.
Mit „Nachtschwester Kroymann“ hatte sie 1993 die erste Satiresendung einer Frau im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen. Ihre Texte schrieb sie schon damals selbst. Seit 2017 ist sie in der ARD mit „Kroymann“ zu sehen.
„Auf Du und Du mit dem Stöckelschuh“
Im Studium – Amerikanistik, Anglistik und Romanistik – machte die gebürtige Walsroderin erste Bühnenerfahrungen im Chor und mit selbstgemachtem feministischen Programm. Das Fernsehen ließ damals noch auf sich warten. Beziehungsweise hatte man dort noch kaum eine Vorstellung davon, dass Frauen richtig lustig sein können. Das Nichtinteresse war gegenseitig. Mit dem Solo-Bühnenprogramm 1982 „Auf Du und Du mit dem Stöckelschuh“, in dem sie ironisch mit dem Schlager umging, begann Kroymanns Karriere ernsthafter, singen konnte sie, auch auf schwäbisch.

Singen, so sagt Kroymann später, traute man Frauen eher zu als Texte zu schreiben, Schlager zumal, und über das Subversive des Kontexts konnte man auch weghören. Der Süddeutsche Rundfunk besetzte sie schließlich als schwäbische Pfarrersfrau Claudia Wiegandt. Mit Robert Atzorn wurde sie beliebt in „Oh Gott, Herr Pfarrer“ von Felix Huby, da war sie schon Ende 30. Eine Staffel lang, 13 kultig gewordene Folgen, spielte Kroymann diese moderne berufstätige Frau, die mit den Kindern erst einmal als Lehrerin in Tübingen bleibt, um dann frischen Wind in die Gemeinde des Mannes zu bringen.
Sketche über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Fünf Jahre später traute sie sich in „Nachtschwester Kroymann“ schließlich Sketche über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder Vergewaltigung in der Ehe, die heute nichts von ihrer Schärfe eingebüßt haben. Jürgen Breest, damals Unterhaltungschef bei Radio Bremen, gab ihr Rückendeckung und förderte ihren Eigensinn.
Als die Kabarettistin, Satirikerin, Schauspielerin und Sprachjongleurin sich 1993 im Magazin „Stern“ als lesbisch outete und 1994 mit anderen homosexuellen Frauen bei „Boulevard Bio“ auftrat, war die ARD allerdings „nicht amused“. So hat es Kroymann gerade dem „Stern“ erzählt. Als 1997 eine Programmreform anstand, habe man sie nicht nach Neuem gefragt.
Kroymann schauspielerte, im Fernsehen und im Kino, sang, präsentierte in Kleinkunst-Programmen sexistische Schlager der 50er und 60er Jahre und blieb präsent und hartnäckig aus Überzeugung. Engagierte sich. Spielte Frauen mit Macht als großartige Kotzbrocken, so in der Parlamentssatire „Eichwald, MdB“, wo sie als Fraktionsvorsitzende männliche Politiker herumscheucht.
Comedy-Preis 2021 für Satiresendung „Kroymann“
„Kaum waren 20 Jahre vergangen“, da gab es „schon wieder“ eine Sendung in der ARD, so hat es die Kabarettistin in ihrer berühmt gewordenen Dankesrede bei der Verleihung des Deutschen Comedy-Preises 2021 berichtet. Die Satiresendung „Kroymann“ nämlich. Über das „L-Wort (L wie lustig)“, so sagt es Hazel Brugger in ihrer Comedy-Ehrenpreis-Laudatio, konnte man nun hinwegsehen. „Lustig, haltungsstark, klug, sympathisch, relevant, intelligent“, so Brugger über die Ausgezeichnete, ein Vorbild, „und lesbisch ist sie auch“.

Diskriminierungen, #MeToo, der männliche Blick auf Frauen als Sexualobjekte, die Sichtbarkeit queerer Personen im Fernsehen (#ActOut), Frauen und Geld zählen zu den Themen, die Kroymann wichtig sind. Sie hat etliche Preise erhalten, Deutscher Fernsehpreis, gleich drei Grimme-Preise, darunter der Sonderpreis des Deutschen Volkshochschulverbandes für ihr Lebenswerk.
Bei Kroymann wird die abgründigste Pointe mit charmantem Lächeln verbunden, da wird der weiblich-schiefgelegte Kopf, eine Demutsgeste, bewusst vermieden, verbindet sich entlarvende Satire mit Selbstironie, der nichts heilig ist, außer eben der Haltung. Eine Haltung, in der die Pause, in der das Nachdenken, das nach der Pointe beginnt, genauso wichtig ist wie die Pointe selbst. Die, gerade wenn sie nicht zündet, alles verraten kann über den Zustand unserer Gesellschaft und das Verhältnis der Geschlechter.