Vorfreude aufs neue Jahr – ist das noch angebracht angesichts der zahlreichen Kriege und Katastrophen? Auch Klima-Aktivistin Luisa Neubauer macht sich viele Gedanken – und warnt doch vor Pessimismus.
Das neue Jahr steht vor der Tür, und viele fürchten Schlimmes – mit Blick auf Kriege, Krisen, Anschläge und andere bedrohliche Entwicklungen. Warum Klima-Aktivistin Luisa Neubauer trotz aller Probleme Zuversicht und Humor nicht verliert, verrät sie im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
KNA: Frau Neubauer, vor dem Jahreswechsel sind viele Menschen eher pessimistisch mit Blick auf Kriege, Klimawandel und die politische Situation. Kann man sich trotzdem auf das neue Jahr freuen?
Neubauer: Auf jeden Fall. Denn um mich auf ein Jahr zu freuen, muss ich ja nicht den Anspruch haben, dass jeder Tag in diesem Jahr ein Freudenfest wird. Viel wichtiger und hilfreicher ist es, wenn ich den Mut und die Kraft aufbringe, Orte in diesem Jahr zu finden oder Gelegenheiten, wo ich selbst etwas Gutes tun kann, selbst Teil von schönen Momenten sein kann und von hoffnungsvollen Entwicklungen.
KNA: Wie erleben Sie die Stimmungslage gerade bei jüngeren Menschen? Sind die wirklich so verzweifelt und besorgt, wie es oft heißt?
Neubauer: Das lässt sich nicht so einfach sagen. Verzweiflung an sich muss ja nicht schlecht sein. Denn Verzweiflung heißt ja, man hat die Welt noch nicht aufgegeben. Wichtig ist aber auch: Die vielen Krisen, inklusive der Klimakrise werden ja nicht dort gelöst, wo wir uns gemeinsam möglichst viele Sorgen machen, sondern nur dort, wo wir etwas tun. Wichtig ist da auch die Frage, was meine Erwartung ist an Hoffnung: Wollen wir eine Hoffnung, die wir von außen geliefert bekommen wie eine Pizza an die Tür, mit der wir uns dann auf die Couch zurückziehen können? Das ist keine echte Hoffnung. Das ist eine Ausrede, sich nicht einzubringen.
KNA: Und was ist die Alternative?
Neubauer: Wir müssen selbst für Hoffnung sorgen und uns fragen: Was tue ich? Wo kann ich mich einbringen? Wo kann ich was ändern am großen und kleinen Geschehen in der Welt. Und das mache ich nicht, weil ich hoffe, dass sich dann in zehn Jahren etwas zum Besseren gewendet hat. Sondern ich mache es zuerst mal, damit ich am Abend sagen kann: Heute war ein guter Tag für mich, denn ich habe etwas getan – am besten zusammen mit Freunden – und mich nicht abgewendet von der Welt, auch wenn die gerade ein bisschen schwer auszuhalten ist.
KNA: Hilft Humor? In Ihrem Buch “Der Klima-Atlas” kritisieren Sie ein “Humor-Embargo” als Angst, Menschen könnten glauben, es sei alles nicht so schlimm, wenn man mal eine Sekunde nicht todernst über den Klimawandel spreche…
Neubauer: Also wenn uns das Lachen vergeht, dann gute Nacht. Manchmal muss man sich auch einfach mal aufregen oder sich lustig machen in dieser Welt, die ja oft auch ein komischer und bizarrer Ort ist.
KNA: In einer Umfrage hieß es jetzt, Menschen freuten sich hauptsächlich auf Reisen, Geburtstage oder Feiern. Klingt ein bisschen nach Weltflucht und Rückzug ins Private. Ist das die richtige Reaktion in einer immer komplexeren Welt?
Neubauer: Wer bin ich, das zu verurteilen? Irgendwie erscheint es wie eine logische Konsequenz. Aber ich schlage schon vor, kurz zu überlegen, wem das nützt, wenn wir uns ins Private und in die Passivität zurückziehen? Sicher nicht den guten Kräften, sondern den Faschisten und Autokraten. Daher ist mein Appell, sich lieber weiter zusammenzutun und einzumischen – und sich dabei auch einen revolutionären Geist zu bewahren.