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Lübeck: Zehn Jahre Europäisches Hansemuseum – Leiterin zieht Bilanz

Mit rund 100.000 Gästen jährlich ist das Europäische Hansemuseum (EHM) Spitzenreiter in der Lübecker Museumslandschaft. Mit einem Festakt feiert der Komplex am Burghügel an der Untertrave am Dienstag sein zehnjähriges Bestehen. Museumdirektorin Felicia Sternfeld ist stolz auf die Entwicklung des Museums, sieht aber auch zentrale Herausforderungen in der Zukunft. „Um relevant zu bleiben, müssen Museen sich noch stärker für ein vielfältiges Publikum öffnen“, sagte die 54-Jährige im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Sowohl junge Menschen als auch solche mit unterschiedlichen kulturellen und sozialen Hintergründen müssten sich angesprochen fühlen. Dabei gehe es nicht nur um zielgruppenspezifische Programme, sondern um echte Teilhabe in der Vermittlung, in der Ausstellungspraxis, in der Personalstruktur. „Hier passiert an vielen Häusern bereits einiges – auch bei uns. Doch in Zukunft wird das noch entscheidender“, glaubt Sternfeld.

Mit Sorge sieht sie, dass Museen in vielen europäischen Ländern, auch in Deutschland, finanziell durch gekürzte Budgets und inhaltlich durch politische Einflussnahme unter Druck gerieten. „Gerade weil sie laut Studien des Instituts für Museumsforschung zu den vertrauenswürdigsten Institutionen zählen, stehen sie im Fokus politischer Interessen“, erklärte Sternfeld. Umso wichtiger sei es, dass Museen ihre gesellschaftliche Relevanz sichtbar machten und sich klar positionierten: „Als Orte der kritischen Bildung, des offenen Dialogs und der unabhängigen kulturellen Arbeit.“

Dass viele Menschen den Weg ins Museum fänden, liegt nach Sternfelds Ansicht an der besonderen Kombination von Neu und Alt. Das Museum erzähle ein einzigartiges Kapitel europäischer Geschichte, das viele Menschen fasziniere. Zugleich verbinde die Dauerausstellung historische Inszenierungen, digitale Medien und authentische Objekte. Hinzu kämen Sonderausstellungen, Bildungsangebote und internationale Kooperationen. „All das macht das EHM zu einem lebendigen Ort, der Menschen aus unterschiedlichsten Kontexten anspricht“, findet die Museumsdirektorin, die das EHM seit Oktober 2015 leitet.

Zu den erfolgreichsten Sonder-Ausstellungen der vergangenen zehn Jahre zählten „Hanse steinreich“ mit 42.000 Besuchern und „Guter Stoff“ mit 24.000 Gästen. Sie zeigten deutlich, was das Publikum anziehe. „Nämlich, wenn wir historische Themen originell, greifbar und lebensnah erzählen“, erläuterte Sternfeld.

„Hanse steinreich“ habe mit dem spielerischen Zugang über Lego-Modelle ein breites Publikum angesprochen, gerade auch Familien und Menschen, die vielleicht nicht zum klassischen Museumspublikum gehören. „Guter Stoff“ verknüpfte den historischen Textilhandel mit aktuellen Fragen zu Konsum, Globalisierung und Nachhaltigkeit. „Diese Kombination aus fundierter Forschung und gegenwartsbezogener Perspektive hat viele Menschen bewegt.“

Sternfeld findet, dass in der Gegenwart mehr Hanse steckt als man auf den ersten Blick vermuten würde. „Die Hanse war weit mehr als ein reines Handelsnetzwerk – sie war ein Netzwerk, das auf Kooperation, gegenseitigem Vertrauen und pragmatischer Konfliktlösung beruhte. Diese Prinzipien haben bis heute erstaunliche Aktualität.“