Eltern und pädagogische Fachkräfte müssen Kinder über die Gefahren des Cybergrooming aufklären. Das fordert Julia Kühl vom Landeskriminalamt Hamburg. Beim Cybergrooming nähern sich Täter auf subtile Art Minderjährigen an, um sie später zu sexuellen Handlungen zu bewegen, wie Kühl, die im Bereich Kriminalprävention tätig ist, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) berichtet. Dazu nutzten die Täter Mittel der Manipulation und Erpressung.
Der Nachwuchs müsse wissen, „dass es Menschen gibt, die sich im Netz als jemand anderes ausgeben, als sie tatsächlich sind. Und dass diese Menschen meist keine guten Absichten haben“, sagt Kühl. Orte der Annäherung seien Plattformen wie Youtube, Twitch, Tiktok oder Instagram. Aber auch Online-Spiele wie Fortnite.
„Der Täter fängt ganz locker an, indem er den Kindern oder Jugendlichen zuhört“, beschreibt Kühl das Vorgehen. Viele Heranwachsende seien froh über das offene Ohr. „Sie sehnen sich nach Aufmerksamkeit und Verständnis, was sie zu Hause vielleicht nicht bekommen.“ Indem da jemand sei, der ihnen regelmäßig zuhöre, entstehe „recht schnell eine erste Form der Abhängigkeit“.
Erst später sage der Täter Sätze wie: „Schick doch mal ein Bild von dir.“ Damit beginne die Spirale. „Die Kinder möchten denjenigen, der so viel Verständnis für sie hat, dann häufig ungern vor den Kopf stoßen oder vergraulen und kommen der Bitte nach.“ Indem viele mit der Zeit zunehmend freizügigere Motive von sich schickten, sammle der Täter immer mehr und anzüglicheres Material. „Das verstärkt die Abhängigkeit, denn damit macht sich das Kind angreifbar.“
Laut Kühl bekommen die jungen Opfer „Angst, der Täter könnte die Bilder oder Videos an andere weiterschicken“. Zugleich bekomme es Angst, sich jemandem anzuvertrauen. „Cybergrooming kann in seltenen Fällen sogar so weit führen, dass der Täter schließlich ein Treffen in Präsenz fordert.“
Kühl appelliert: Wer für die Erziehung eines Kindes verantwortlich ist, sollte sich dafür interessieren, was der Nachwuchs online macht. Erziehende sollten hinterfragen: „Welche Plattformen nutzen sie, mit wem kommunizieren sie?“ Dabei unterscheidet sie nach Alter: „Kindern sollten sie das Kommunizieren mit fremden Menschen klar untersagen. Jugendliche dürfen schon mal zu fremden Menschen Kontakt aufnehmen, müssen aber wissen, dass sie die Kommunikation sofort abzubrechen haben, wenn das Gespräch auf Sexualität gelenkt werden soll.“
Eltern sollten zudem ein offenes Ohr für ihre Kinder haben und nicht urteilen, rät Kühl. „Der Nachwuchs muss wissen: Wenn ich ein Problem habe oder wenn in der Onlinewelt etwas nicht richtig läuft, dann sind meine Eltern für mich der erste Ansprechpartner.“ Da viele nur ungern mit ihren Eltern über Themen aus dem Bereich Sexualität sprechen würden, sollten Eltern auch auf Beratungsstellen hinweisen.