Mit clownesken Protestsongs wurde Hans-Eckardt Wenzel in der DDR bekannt. Nun kommt sein Archiv zu Lebzeiten nach Marbach. Auch das Redaktionsarchiv von “Westermanns Monatsheften”. Zudem kündigt sich das Rilke-Jahr an.
Das Deutsche Literaturarchiv in Marbach übernimmt den Vorlass des Liedermachers und Sängers Hans-Eckardt Wenzel (69). Nach Rio Reiser (1950-1996) sei Wenzel der zweite Singer-Songwriter, dessen auch literarisch bedeutende Papiere in die Sammlungen des Deutschen Literaturarchivs aufgenommen wurden, sagte Ulrich von Bülow, Leiter der Abteilung Handschriften beim Literaturarchiv, am Mittwoch in einer Pressekonferenz.
Wenzel sei nicht nur Musiker, sondern auch Autor von Gedichten, Dramen und Essays. Wenzel verstehe sich als politischer Liedermacher in der Tradition des politischen Lieds von den mittelalterlichen Troubadouren bis zu den Songs von Bertolt Brecht und Kurt Weill.
Wenzel, 1955 bei Wittenberg geboren, wurde in der DDR und im wiedervereinigten Deutschland mit seinen clownesken Protestsongs bekannt. Darunter sind die Stücke “Hammer=Rehwü” (1982) und “Neues aus der Da Da eR” (1982), “Altes aus der Da Da eR” (1989) und “Letztes aus der Da Da eR” (1990).
Sein Vorlass umfasse Lied- und Textentwürfe, Tournee-Tagebücher, Konvolute mit Materialien zu Bühnenprogrammen und Konzerten, Korrespondenzen unter anderem mit der 2023 gestorbenen evangelischen Theologin und Bundestags-Vizepräsidentin Antje Vollmer.
Auch audiovisuelle Medien befänden sich in Wenzels Archiv, darunter Tonkassetten, Musikdateien, Tonbänder und “Vorformen” von späteren Songs, außerdem CDs und DVDs. Hinzu kämen Plakate und Konzertprogramme.
1978 erhielt Wenzel den Johannes-R.-Becher-Preis, 1989/90 zusammen mit Steffen Mensching den Heinrich-Heine-Preis sowie 1991 und 2002 den Deutschen Kleinkunstpreis.
Das Deutsche Literaturarchiv (DLA) hat zudem das Redaktionsarchiv von “Westermanns Monatsheften” übernommen. Sie erschienen von 1856 bis 1987 und waren illustrierte Familienzeitschriften. Darin wurden Vorabdrucke von Erzählern wie Wilhelm Raabe, Theodor Fontane oder Theodor Storm veröffentlicht. Das Redaktionsarchiv enthalte zahlreiche Manuskripte und Korrespondenzen der berühmten Autoren mit der Redaktion. Die Erwerbung sei möglich geworden auch dank eines Sonderetats des Bundestages im Umfang von bis zu 1,5 Millionen Euro.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) erklärte am Mittwoch, mit der Übernahme des Redaktionsarchivs von “Westermanns Monatsheften” leiste das Literaturarchiv einen wichtigen Beitrag zum Erhalt und zur Erforschung des literarischen Erbes Deutschlands. Den Ankauf dieses “kulturellen Schatzes” habe der Bund gern unterstützt.
Markus Hilgert, Generalsekretär der ebenfalls beteiligten Kulturstiftung der Länder, sagte, das Archiv der “Westermanns Monatshefte” sei wegen seiner Vollständigkeit einzigartig und gleiche “einem Fenster in den deutschsprachigen Literaturbetrieb ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts”.
Richter kündigte zudem an, die Jahre 2025 und 2026 stünden literarisch im Zeichen von Rainer Maria Rilke (1875-1926), dem “international bedeutendsten deutschsprachige Lyriker”. Sein 150. Geburtstag ist am 4. Dezember 2025 und sein 100. Todestag am 29. Dezember 2026.
Zum Auftakt des Rilke-Jahres Anfang Dezember 2025 werde deshalb die Ausstellung “Und dann und wann ein weißer Elefant. Rilkes Welten” im Literaturmuseum der Moderne in Marbach eröffnet und zwölf Monate gezeigt. Die Schau werfe Schlaglichter auf Rilke “als Autor und Netzwerker im zeitgenössischen Literaturbetrieb, auf seine familiären, freundschaftlichen und amourösen Beziehungen, auf seine Ambitionen als Bürger und Künstler, auf Rilke als Reisenden, Lesenden, Schreibenden, Sammelnden und auf Rilke im Bild”. Insgesamt würden voraussichtlich 200 Exponate gezeigt, darunter Manuskripte, Briefe, Notizbücher, Skizzen, Bücher und Bilder.