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Lehramtsstudentin: “Will mich zur Wehr setzen”

Sie kämpft dafür, doch noch als Referendarin im bayerischen Schuldienst zugelassen zu werden: die Münchner Lehramtsstudentin und Klimaaktivistin Lisa Poettinger. „Ich möchte mich erfolgreich zur Wehr setzen“, kündigte sie bei einer Pressekonferenz am Freitag in München an. Sie wolle gerne Lehrerin werden, aber auch ihren Protest für Klimagerechtigkeit fortsetzen: Dieser sei letztlich „soviel wichtiger als meine Karriere“.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), in der Poettinger Mitglied ist, garantiere ihr Rechtsschutz für ein wahrscheinlich bevorstehendes Verwaltungsverfahren, sagte die Münchner GEW-Geschäftsführerin Siri Schultze. Zudem unterstütze die GEW sie juristisch gegen ein mögliches Ausbildungsverbot.

Poettinger hatte am 22. November 2024 vom bayerischen Kultusministerium ein Anhörungsschreiben erhalten, in dem dieses seine Bedenken hinsichtlich ihrer Eignung für den Schuldienst ausdrückt. Vor allem geht es um ihre Teilnahme am „Offenen Antikapitalistischen Klimatreffen München“, das auf der Liste „extremistischer oder extremistisch beeinflusster Organisationen“ des Freistaats steht. Anwärter für den öffentlichen Dienst müssen angeben, ob sie einer dieser Vereinigungen angehören.

Am 16. Dezember hatte Poettinger eine Antwort ans Kultusministerium verfasst. Laut Kultusministerium wird Poettingers Fall „derzeit geprüft“. Ein finaler Bescheid stehe noch aus. Die 28-Jährige hat ihr erstes Staatsexamen abgeschlossen und arbeitet derzeit in einem Kindergarten. Das Referendariat sollte eigentlich im Februar beginnen.

Laut Poettingers Anwältin Adelheid Rupp (Linke) ist auch der Ausgang der laufenden Strafverfahren abzuwarten. Die Münchnerin hatte ein AfD-Wahlplakat zerstört und bei einer Demonstration gegen Kohleabbau in Lützerath Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet. Sie erhielt mehrere Gefährderansprachen. Das zu erwartende Strafmaß werde aber „nicht geeignet sein, um ein Berufsverbot zu rechtfertigen“, zeigte sich Rupp überzeugt.

Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) hatte am Dienstag betont, der Freistaat müsse sicherstellen, dass sich Anwärter für den Staatsdienst „durch ihr gesamtes Verhalten“ zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen: „Wer nicht mit beiden Beinen fest auf dem Boden unserer Verfassung steht, den lassen wir nicht in den staatlichen Schuldienst.“ Extremisten hätten dort nichts verloren: „Wir wollen weder Kommunisten noch Nazis in unseren Schulen.“

Entlassungen von Lehrkräften aus dem Schuldienst gab es in Bayern in den vergangenen Jahren „ganz vereinzelt“, so das Kultusministerium. Grund sei jeweils eine Zugehörigkeit zur Reichsbürger-Szene gewesen, also zum rechtsextremistischen Spektrum.

In Bayern haben bereits Schulreferendare einen Beamtenstatus. Voraussetzung für diese erste „Verbeamtung auf Widerruf“ ist eine fachliche und charakterliche Eignung. Letztere prüft das Kultusministerium unter anderem mit einem Fragebogen zur Verfassungstreue. Darin müssen Lehramtsanwärter bestätigen, dass sie keiner der mehr als 200 aufgelisteten Vereinigungen angehören.

Auf der Liste zählt das Innenministerium rund 40 Organisationen zum linksextremistischen, 60 zum rechtsextremistischen und 100 zum islamistischen Spektrum. Rupp zufolge gibt es jedoch eine Rechtsprechung, nach der die Beteiligung an vom Verfassungsschutz erwähnten Gruppen nur dann relevant ist, „wenn im Einzelnen belegt wird, dass dieses Mitglied sich aktiv gegen die Verfassung verhalten hat“, sagte sie. Laut Kultusministerium entscheidet jeweils eine Einzelfallprüfung.

Wird Poettinger in Bayern nicht zum Referendariat zugelassen, gilt ihre Lehrerausbildung als nicht beendet. Wolle sie dennoch als Lehrerin arbeiten, könne sie höchstens als Aushilfslehrerin tätig sein oder Bayern verlassen, sagte sie. (00/0358/31.01.2025)