Ein Meilenstein, sagten die einen, für andere war es ein Aufreger: Das Gesetz zur eingetragenen Lebenspartnerschaft wurde am 10. November 2000 beschlossen. Heute werfen Co-Elternschaft und Polyamorie neue Fragen auf.
Für Schwule und Lesben bedeutete es eine Revolution: Vor einem Vierteljahrhundert machte der Bundestag den Weg frei für eingetragene Lebenspartnerschaften. Am 10. November 2000 beschlossen, trat das Gesetz am 1. August 2001 in Kraft. Damit konnten gleichgeschlechtliche Paare ihre Partnerschaften erstmals rechtlich anerkennen lassen.
Was damals noch für Proteste bei CDU, CSU und der katholischen Kirche sorgte, ist heute anerkannte Normalität. Doch das gesellschaftliche Verständnis von Familie und Partnerschaft bleibt im Wandel. Und wenn mehr als zwei Erwachsene beteiligt sind – etwa bei Co-Elternschaft oder Polyamorie -, ergeben sich neue rechtliche Fragen.
Das Lebenspartnerschaftsgesetz war einst ein Symbol gesellschaftlicher Liberalisierung. Vorbild war Dänemark, das 1989 als erstes Land weltweit eine “Registrierte Partnerschaft” für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt hatte. Als einer der letzten EU-Staaten bereitet derzeit Polen eine rechtliche Absicherung vor.
In Deutschland brachte das Gesetz zunächst nur einige Ehe-ähnliche Rechte: Mit dem Ja-Wort konnten schwule und lesbische Paare nun einen gemeinsamen Familiennamen führen, verpflichteten sich zu gegenseitigem Unterhalt und bekamen ein Auskunftsrecht in medizinischen Notfällen.
Durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts folgten nach und nach weitere Rechte – etwa bei der Hinterbliebenenversorgung, der Erbschaftssteuer, beim Einkommenssteuerrecht und bei der Adoption von Kindern des Partners oder der Partnerin. Stets argumentierten die Richter, dass es verfassungswidrig sei, Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung schlechter zu stellen.
Doch nach 25 Jahren haben sich die eingetragenen Lebenspartnerschaften beinahe selbst überlebt. Sie können seit der Einführung der “Ehe für alle” im Oktober 2017 nicht mehr geschlossen werden; bereits eingetragene behalten aber ihren Status. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es 2024 in Deutschland noch rund 24.000 eingetragene Lebenspartnerschaften. Im selben Jahr wurden 524 aufgelöst. Ob die Paare sich trennten oder ihre Partnerschaft in eine Ehe umwandelten, geht aus der Statistik nicht hervor.
Derweil öffnet sich die Debatte für neue Fragen: Wie lässt sich rechtliche und soziale Verbindlichkeit jenseits von Ehe gestalten? Was ist, wenn sich langjährig unverheiratete Paare trennen und ein Partner, der vielleicht wegen gemeinsamer Kinder wenig gearbeitet hat, plötzlich ziemlich mittellos dasteht? Das Problem reicht bis in Rentenansprüche hinein.
Die Ampel-Regierung wollte sogenannte Verantwortungsgemeinschaften einführen – einen Rechtsrahmen für Menschen, die füreinander Verantwortung übernehmen, ohne verheiratet oder verwandt zu sein. Ein Anfang 2024 vorgelegtes Eckpunktepapier sah vor, dass bis zu sechs Menschen eine solche Gemeinschaft beim Notar beurkunden lassen könnten. Im Blick waren vor allem Senioren-WGs oder Alleinerziehende, die sich gegenseitig unterstützen.
Geregelt werden sollten etwa die rechtliche Betreuung, Organspende, Auskunftsrecht in medizinischen Notfällen und eine gemeinsame Haushaltsführung. In Abgrenzung zur Ehe sollte die Gemeinschaft keine Auswirkungen auf das Sorge-, Namens- und Erbrecht haben und nicht mit Steuererleichterungen einhergehen.
Das seinerzeit von der FDP erdachte Vorhaben verlief im Sande. Die aktuelle Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD zeigt keine Bestrebungen, es wieder aufzugreifen. Kritiker der Idee hatten angeführt, dass viele der angedachten Punkte bereits heute durch Vereinbarungen rechtlich geregelt werden können. Offen blieb zudem auch hier die Frage von Schutz und Absicherung des schwächeren Partners, wenn sich eine Gemeinschaft wieder auflöst.
Theoretisch wäre die Verantwortungsgemeinschaft auch eine Option für Polyamorie gewesen, also einvernehmliche Liebesbeziehungen zwischen mehr als zwei Personen. Dass für diese Lebensgemeinschaften ein eigener Rechtsrahmen geschaffen wird, halten Fachleute absehbar für unwahrscheinlich. Eine Öffnung gar der Ehe für mehr als zwei Personen gilt weiterhin als klares No-Go: Polygamie ist heutzutage rechtlich nur in Teilen von Afrika und Asien möglich. In der westlichen Welt steht die Vielehe meist unter Strafe.
Eine andere eherne rechtliche Norm hingegen, zu der bislang auch nur zwei Menschen gehören, scheint indes im Wandel: die Elternschaft. Patchwork- und Regenbogen-Familien etwa bringen auch neue Konfliktpotenziale, wer die rechtliche Verantwortung trägt und wie das Kindeswohl gesichert werden kann.
Das Bundesverfassungsgericht hat auf diese Entwicklung reagiert. Es nutzte im April 2024 überraschend seine Entscheidung über eine Verfassungsbeschwerde dafür, einen Weg hin zur rechtlichen Anerkennung von Mehr-Eltern-Familien anzudeuten. Es legte dar, dass weder das Kindeswohl noch das Grundgesetz einer Öffnung für Mehr-Eltern-Konstellationen entgegenstehen würden. Damit ist die Tür offen.