Im rheinland-pfälzischen Landtag besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Maßnahmen während der Coronavirus-Pandemie mithilfe einer Expertenanhörung aufgearbeitet werden sollen. Bei einer Plenardebatte am Mittwoch stimmten Regierungsfraktionen und große Teile der Opposition zugleich darin überein, dass keine weitere längerfristige Enquete-Kommission eingerichtet werden soll. Diese ist aus Sicht der Parlamentsmehrheit nicht sinnvoll, da die wesentlichen Weichenstellungen während der Corona-Krise auf Bundesebene vorgenommen worden seien.
„Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir in Deutschland vieles richtig gemacht haben“, sagte Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) in einer von den Freien Wählern beantragten Aktuellen Debatte. Manches sei in der Bundesrepublik sogar besser gelaufen als in anderen Staaten Europas. Der Staat habe in einer schwerwiegenden Krise seine Handlungsfähigkeit bewiesen und dort, wo Maßnahmen „ausuferten“, hätten Gerichte politische Entscheidungen wieder korrigiert. Der CDU-Gesundheitspolitiker Christoph Gensch verwies auf die unzureichende Datenlage bei Ausbruch der Pandemie. Weltweit hätten daher Regierungen völlig unterschiedlicher politischer Systeme ganz ähnliche Schutzmaßnahmen ergriffen.
Für die antragstellenden Freien Wähler forderte der Abgeordnete Helge Schwab eine „kontinuierliche Aufarbeitung“ der Politik während der Pandemie. Maßnahmen wie die Isolierung von Kindern, von Altenheimbewohnern oder Krankenhaus-Patienten oder die „unsäglichen Ausgangssperren“ bedürften einer Nachbetrachtung. „Einige dieser Maßnahmen kommen uns aus heutiger Sicht absurd vor, aber die meisten anderen haben Schlimmeres verhindert“, sagte Josef Winkler von den Grünen. Wegen Entscheidungen, die mit dem Wissen von heute falsch erschienen, dürften den Verantwortlichen aber keine Vorwürfe gemacht werden, weil es sich um eine völlig neue Bedrohung gehandelt habe.
Im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen sprach sich die AfD für eine Enquete-Kommission aus. Fraktionschef Jan Bollinger warf der Regierung und den Ampel-Fraktionen mangelnde Kritikfähigkeit bei der Betrachtung der Anti-Corona-Maßnahmen vor. In der Krise habe der Staat „zunehmend autoritär agiert“ und Kritikern oft lediglich Verachtung entgegengebracht. Die Politik sei nicht bereit, begangene Fehler wirklich ehrlich einzugestehen.